Von Babette Kaiserkern: Feuerlodernder Troubadour im HOT Stimmiges Gastspiel des Staatstheaters Cottbus
Ein Feuer lodert auf der Bühne des Hans Otto Theaters während aller Szenen von Giuseppe Verdis Oper „Il Trovatore“. Das Gastspiel des Staatstheaters Cottbus zeigt eine in jedem Sinne ungemein stimmige Aufführung, die zu Recht viel Beifall erhält.
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Ein Feuer lodert auf der Bühne des Hans Otto Theaters während aller Szenen von Giuseppe Verdis Oper „Il Trovatore“. Das Gastspiel des Staatstheaters Cottbus zeigt eine in jedem Sinne ungemein stimmige Aufführung, die zu Recht viel Beifall erhält. Ganz ohne pseudonaturalistisches Ausstattungsbrimborium komprimiert die Inszenierung von Martin Schüler Verdis unsterbliches Werk auf das Wesentliche. Dafür steht das Sinnbild des Feuers. In der exotischen Geschichte von Liebe, Rache und Tod lodern die Scheiterhaufen von der ersten bis zur letzten Szene. Höllenfeuer, Liebesflammen, Racheglut – alle vier Hauptfiguren werden von glühenden Gefühlen verzehrt. Kaum eine Arie kommt ohne die verschiedenen Feuermetaphern aus. Zum Verständnis der durchweg italienisch gesungenen Partien tragen deutsche Übertitel bei.
Verdis Meisterwerk des romantischen Musiktheaters führt in eine archaische, gefühlsbetonte Welt. Im Zentrum der Handlung steht die Zigeunerin Azucena, eigentlich eine gesellschaftliche Außenseiterin. Sie wird getrieben von Rachesucht am Grafen Luna und Liebe zu ihrem Ziehsohn Manrico, dem Troubadour, einem Sänger-Dichter in Waffen. Die packende Fülle von mitreißenden Melodien, mit denen diese dramatische Belcanto-Oper par excellence heftige Leidenschaften zum Ausdruck bringt, ist selbst für den jungen Verdi ungewöhnlich.
Trotz der Bezeichnung „semiszenisch“ wirkt die Cottbusser Inszenierung keineswegs halbfertig oder unvollendet. Jedes einzelne Bühnenbild erscheint dramaturgisch durchdacht. Zu Beginn und zum Schluss lodern orangefarbene Flammen vor unendlich blauem Hintergrund. Auf der Bühne und in den Kostümen dominieren weiße und schwarze Farben (Ausstattung: Gundula Martin). Stimmungsvoll werden durchsichtige Vorhänge und Beleuchtung eingesetzt. Einzig die Zigeunerin Azucena sticht mit ihrem dunkelroten Gewand hervor. Bei so viel sehenswerter Abstraktion bleibt viel Spielraum für Gesang und Musik offen.
Wie schön, dass der Orchestergraben im Hans Otto Theater genutzt wird. Unter der Leitung seines Generalmusikdirektors Evan Christ leistet das Cottbusser Orchester Bestmögliches. Obwohl nur in Studiostärke angetreten, produziert es süffige Verdiklänge mit trotzigen Fanfaren, furiosen Märschen und lyrischen Passagen. Auch die wohl bewusst recht verhalten singenden, schwarzgekleideten Herren und Damen des Opernchores zeigen schöne Gesangskultur.
Hörenswert sind die vier beachtlich gut besetzten Hauptrollen. Als Leonora besitzt Anna Sommerfeld Stimmweite, lyrisch-dramatischen Ausdruck und schmiegsame Koloraturen. Sie singt leicht und anmutig im „Tacea noce placida“, leidenschaftlich in der großen Schlusszene vor ihrem Liebestod. Den Vergleich mit den vielen berühmten Sängerinnen der Azucena vermag Heidi Jütten durchaus zu parieren. Zunächst noch zurückhaltend im „Stride la vampa“ gelingen das „Miserere“ und die Kerkerszene im Duett mit Manrico ausgezeichnet. Einen Troubadour mit heldenhaftem Schwung gibt Jens Klaus Wilde in der Cabaletta „Di quella pira“, nachdem das „Ah, si ben mio, coll’ essere“ etwas angestrengt klingt. Als klassischer Kavalierbariton brilliert Andreas Jäpel in der Rolle des Grafen Luna. Bereits für seine Arie „Ardita, e qual furente amore“ erhält er lautstarke Bravos. Im weiteren Rollen überzeugen Anne Schiereck als Inez, Tilman Rönnebeck als Ferrando und Dirk Kleine als Ruiz.
Nächste Aufführung am heutigen Donnerstag um 19.30 im Hans Otto Theater.
Babette Kaiserkern
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