Kultur: Feuerreigen an der Orangerie
Diese Funken zünden noch. Schon Josef Haydn experimentierte mit den exotischen Klängen und Rhythmen, die als „all’ungarese“ oder „alla zingarese“ weltberühmt wurden.
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Diese Funken zünden noch. Schon Josef Haydn experimentierte mit den exotischen Klängen und Rhythmen, die als „all’ungarese“ oder „alla zingarese“ weltberühmt wurden. Wie auch immer die Frage nach Ursprung und Echtheit dieser Musik beantwortet wird, mitreißend klingt sie bis heute – jedenfalls beim Open-Air-Konzert mit den Brandenburger Symphonikern an der Sanssouci-Orangerie. Unter dem schwungvollen Dirigat von Michael Helmrath entfachen sie feurige Klänge, die einen die kühlen Nachttemperaturen fast vergessen ließen. In Haydns Klavierkonzert Nr. 11 lässt Oliver Triendl die Feen tanzen und die Kobolde in quirligen Kadenzen um die Wette spuken. Haydns Heimat rund um die Schlösser der Fürsten von Esterházy und Galánta scheint eine Keimzelle der ungarischen Musik gewesen zu sein. Noch der Volkmusikforscher, Komponist und Freund von Béla Bartok, Zoltán Kodály, wurde hier fündig. Seine von ihm orchestrierte Rhapsodie über „Tänze ungarischer Zigeuner aus Galánta“ ist farbig instrumentiert, rhythmisch vertrackt und klingt ein bisschen nach Filmmusik im Breitwandsound.
Zauberkunststücke eines Zigeunerprimás produziert Josef Lendvay an der Violine scheinbar mühelos. Selbst Pablo Sarasates „Zigeunerweisen“ und der so oft heruntergenudelte „Csárdás“ von Vittorio Monti wirken bei ihm wie neu, ungezähmt, kantig, blitzartig, gleißend – phänomenal. Gleich glitzernde Sternenwirbel lässt Michael Leontchik am Zimbalon explodieren. Das ungarische Nationalinstrument, das in verschiedenen Versionen weit über Ungarn hinaus verbreitet ist, wird von dem jungen Weißrussen, einem veritablen Wunderspieler, gerade für unsere Zeit entdeckt.
Ob beim „Gypsy Swing“ im Trio mit Josef Lendvay und dem formidablen Bassisten Corneliu Cosmin Pulcan oder bei der „Háry Jânos Suite“ von Zoltán Kodálý über einen urigen ungarischen Charakter – stets verblüfft und begeistert Michael Leontchik mit stupendem Klöppelspiel auf den vielen Saiten seines Instruments. Im Feuerregen der Musik endet das Konzert mit Johannes Brahms’ „Ungarischen Tänzen“, bildlich verstärkt durch ein echtes Feuerwerk. Babette Kaiserkern
Babette KaiserkernD
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