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Kultur: Feurige Mischung

Besh o droM und das Filmorchester Babelsberg im Crossover-Konzert

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Nicht nur durch die Puszta, sondern auch durch manche Steppe und die Gebirge ihrer Nachbarländer galoppierten die acht Musiker der ungarischen Band Besh o droM am Freitag im Potsdamer Crossover-Konzert. Kaum ein Flecken auf dem Balkan und weiter in Richtung Südosten blieb bei ihrem Auftritt im Nikolaisaal musikalisch unberührt. Bis nach Afghanistan trugen die Musiker ihr Publikum, mal mit, mal ohne die Begleitung des Deutschen Filmorchesters Babelsberg.

Entfernungen und Jahrhunderte spielten keine Rolle, entscheidend war der Klang. Wenn man ein Etikett finden wollte, könnte man die Musik von Besh o droM als High Speed Balkan Folk bezeichnen. Adjektive wie feurig, wild, entfesselt beschreiben nur unzulänglich die Musik der 1999 gegründeten Gruppe. Ganz selbstverständlich vermischt sich hier der Klang von modernen und uralten Instrumenten.

Saxophone erklingen genauso wie die Ney, eine persisch-türkische Flöte, die wie es heißt, seit 5000 Jahren existiert. Manchmal spielt der Bandleader Gergely Barcza auch noch Kaval, eine bulgarische Hirtenflöte oder das akai EWI, ein elektronisches Blasinstrument. Zwei Percussionisten treiben den Rhythmus mit heftigen Schlägen an: am Schlagzeug, auf der riesigen Pauke und dem Bongo. Sogar auf einem „Zigeuner-Wasser-Krug“ entfacht Adám Pettik prasselnde Rhythmen. Selbst das traditionelle ungarische Cymbalon, das von Jozsef Csurkulya virtuos gespielt wird, hat gar nichts Folkloristisches mehr an sich. Synkopen, ungewöhnliche Taktarten- und Taktwechsel umspringen die Zuhörer wie eine Meute wild gewordener Steppenwölfe. Dazu gellen die Stimmen von Adám Pettik und Borbala Magyar mit kehligen Lauten. Als Weltmusik im Zeitalter der Globalisierung könnte man die Musik von Besh o droM bezeichnen.

Eine Menge musikalischer Stilelemente wird zu einem scharf-heißen Potpourri gemixt. Die ultrahohen Geschwindigkeiten und die Bilderstürme der virtuellen Welten kommen einem dabei in den Sinn.

Doch das war noch nicht alles. Mehr als die Hälfte der Stücke spielte Besh o droM allein, acht Stücke erklangen mit dem Filmorchester Babelsberg. Ein Experiment, ersonnen von Nikolaisaal und Filmorchester, das von den Arrangeuren Peter Hinderthür und Jan-Peter Klöpfel umgesetzt wurde. So standen vorn auf der Bühne die Mannen von Besh o droM und dahinter saßen, akustisch abgeschirmt von einer transparenten Wand, die Damen und Herren des Filmorchesters. Während erstere alles auswendig spielten und einiges improvisierten, waren die anderen auf ihre Noten angewiesen: zwei verschiedene Welten.

Auf Streicher und einige Percussionisten reduziert, gab das Deutsche Filmorchester unter der Leitung von Scott Lawton sein Bestes, legte orientalisierende Streicherteppiche aus, hielt tapfer mit den metrischen Schwankungen mit und passte sich auch den exotischen Harmonien weitgehend an. Doch wie gelungen diese Crossover-Melange wirklich war, sollte jeder Zuhörer für sich selbst entscheiden. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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