Kultur: Filigran und weich gezeichnet
Orgelsommerkonzert mit David Schollmeyer in der Friedenskirche
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Orgelsommerkonzert mit David Schollmeyer in der Friedenskirche Die akustischen und optischen Vorzüglichkeiten des Raumes kennt er von zwei, Jahre zurückliegenden Auftritten beim Internationalen Orgelsommer her, allerdings auch die Unzulänglichkeiten seines damaligen Arbeitsgerätes. Sozusagen als „Belohnung“ darf der Organist David Schollmeyer, Kantor an der Paulus-Kirche zu Buchholz/Nordheide, nun das Woehl-Instrument in der Friedenskirche spielen. Zu den Komponisten, ihren erklingenden Werken und seiner Programmkonzeption hat er Erläuterungen verfasst und sie an der Abendkasse hinterlegt. Das Publikum greift eifrig nach ihnen. Solche löblichen Selbstbekundungen sollte man allen noch Auftretenden abverlangen! Auf den ersten Blick erscheint die Zusammenstellung ziemlich zufällig, wobei die französische Musik eindeutig dominiert. Ein roter Faden lässt sich dennoch entdecken. Seit der Reformation ist der Choral das (von der Orgel begleitete) Gemeindelied schlechthin, besitzt geradezu Kultcharakter. Und so bildet Cesar Francks E-Dur-Choral I den durchaus passenden Beginn, auch wenn die Komposition nichts mit einem deutschen Kirchenlied zu tun hat: die Melodien sind alle frei erfunden. David Schollmeyer nutzt die französischen Register der Woehl-Orgel reichlich. Großflächig, tremolierend, weich getönt und etwas nasal klingend fließt der Choral dahin - seelenerbaulich in mildes Licht getaucht. Überaus klangfarbenreich geht es zu. Das Register „Trompette harmonique“ kommt dabei genauso zu Wort wie "Vox humana". Im Langsamen wirkt die Wiedergabe mitunter etwas langweilig, um zum Finale hin majestätisch zu erstrahlen. Dann folgen Choralvorspiele (sic!) - von Johann Seb. Bach: „Nun danket alle Gott“ BWV 657 und „Von Gott will ich nicht lassen“ BWV 658. Auch sie erklingen weich getönt, zungenstimmenlieblich und weichgezeichnet - in französischer Machart eben, romantisch verpackt. Prägnanter und principalbestimmter zeigt sich dagegen Präludium und Fuge C-Dur BWV 547, wobei sich ersteres durch geschäftigen Verlauf auszeichnet. Der ruhige, überschaubar phrasierte Ablauf letzterer ist voll innerer Spannung, die sich finaliter mit strahlendem Glanz im vollen Orgelwerk entlädt. Danach reihen sich Kompositionen der französischen Moderne aneinander. Gleichsam von unruhevoller Triebhaftigkeit erfüllt zeigt sich „Chant heroique“ von Jean Langlais (1907-1991). Fast wirkt es (im organo pleno und echoeffektreich) wie mit der Brechstange zusammengezwungen. Drängend motorische Wirkung geht auch von Jehan Alains (1911-1940) synkopierten „Litanies“ aus. Geradezu brutal und klangscharf hereinbrechende Attacken des Principals suggerieren höchste Seelennot. Nicht weniger beeindruckend, wenngleich zunächst impressionistisch flirrend, präsentiert sich die Hommage „Prelude et Fugue sur le nom d''Alain“ von Maurice Durufle (1902-1986). Der Organist redet in farbenreichen Zungenstimmen, lässt sich Zeit für filigrane Klanggravuren. Was im milden Licht leuchtet, verliert allmählich an Weiche, erstrahlt zuletzt im Glanz des hart und scharf klingenden vollen Orgelwerks. Dem konzentrierten Vortrag folgt viel Beifall.Peter Buske Nächstes Konzert innerhalb des Orgelsommers: 13.7., 19.30 Uhr, Erlöserkirche, Nansenstraße: Olivier Eisenmann, Luzern
Peter Buske
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