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Kultur: „Fini, Fini“

Damien Bouvet beendete das Theaterfestival

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Aus, Ende, Fini. Deutlicher kann man nicht sagen, dass etwas unwiderruflich vorbei ist. Beim Unidram-Festival 2008 kam diese nicht gerade dankbare Aufgabe dem Franzosen Damien Bouvet zu. Mit seinem Stück „Fini Fini“ ließ er am Samstagabend im T-Werk keinen Zweifel daran, dass das zehntägige internationale Theaterfestival nun tatsächlich zu Ende ist. In der Rolle eines Clowns setzte er einen furiosen Schlusspunkt mit allem, was dazu gehört: schmetternden Zirkusfanfaren, Konfetti, Luftballons und großem Tamtam. Wie ein Schlachtfeld sah die Bühne aus, als der Verwandlungskünstler sein ebenso aufbauendes wie zerstörerisches Werk getan hatte. Federn, Perlen und glitzernde Papierfetzen lagen weit verstreut herum. Eben noch bedeutungsvolles Requisit – am Ende nur belangloser Müll.

So spielt das Leben, weiß der Clown und zeigte es dem Publikum: In der Gestalt eines langbeinigen Vogeltiers legte er ein schönes großes Ei, das sich bei näherem Hinsehen als Totenkopf entpuppte. Zurückverwandelt in die Figur des Clowns wunderte sich Bouvet darüber ein wenig, nahm den Schädel dann aber in die Arme, um ihn wie ein Neugeborenes zu wiegen. Er gab ihm zu essen und zu trinken, wusch ihm behutsam das Gesicht, um ihn dann rücksichtslos in einem Wassereimer zu versenken.

Diese Wechsel von Zu- und Abneigung, Aufbau und Zerstörung zogen sich durch das gesamte Stück. Hatte der Clown eben noch versucht, einem Einkaufswagen mit einem Geigenbogen eine Melodie zu entlocken, so stand er ihm im nächsten Moment als Torero gegenüber. Mit gezieltem Degenstich brachte er das zum Stier umfunktionierte Metallgestell zur Strecke. Ein andermal ließ er genüsslich die Luft aus einem zum Vogel ausstaffierten Ballon heraus, um anschließend mit dem Spiegeltest zu überprüfen, ob das leblose Ding auch wirklich seinen letzten Atem ausgehaucht hat. Der Spiegel beschlug nicht. Ende, Aus, Fini.

Ein Clown darf das. Er darf kaputtmachen und uns darüber lachen lassen. Er darf das Komische im Tragischen auf die Spitze treiben. Bei Damien Bouvet aber bekam dieses Klischee vom dummen August einen Riss, denn am Ende, als er sich demaskierte, kam sein eigener Schädel zum Vorschein, mit leerem, erloschenem Blick.

Das Publikum applaudierte minutenlang, völlig hineingezogen in die magische Bilderwelt Bouvets. Auch für Festivalchef Jens-Uwe Sprengel war dies ein Höhepunkt des diesjährigen Unidram. Nach vielen multimedialen Experimenten mit Videofilmen in den vergangenen Jahren sei das Theater wieder spielerischer und subtiler geworden, resümierte er. Mit winzigen Puppen seien mitunter sehr skurrile Geschichten erzählt worden. Mehr als 4000 Zuschauer hatten die 21 aus ganz Europa kommenden Schauspiel-, Musik-, Tanz- und Figurentheater-Produktionen gesehen. Etwas Besonderes sei dabei die Lange Nacht der Experimente gewesen, in die der gesamte Kulturstandort in der Schiffbauergasse einbezogen war, sagte Sprengel am letzten Festivalabend, der mit „Fini Fini“ dann doch noch nicht zu Ende ging. Tilmann Dehnhard war es schließlich, der mit Quer- und Bassflöte in der Performance „Windscapes“ zu den Wolken-Videobildern von Olga Kumeger das letzte Licht ausblies. Antje Horn-Conrad

Antje Horn-Conrad

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