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Von Undine Zimmer: Finnischer Blues mit Augenzwinkern
Die Sängerin Tuija Komi zeigte im Nikolaisaal, dass die Melancholie in Finnland voller Selbstironie steckt
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„Wir Finnen sind die einzigen Menschen auf der Welt, die sich in Moll freuen“, sagte die Sängerin Tuija Komi und lächelte am vergangenen Freitagabend im Foyer des Nikolaisaals ihr breites blondes Lächeln, selbst zu dem traurigsten finnischen Tango. Sie sang zum größten Teil Lieder in ihrer Muttersprache und ein paar Jazzstücke auf Englisch. Die Finnischkundigen im Publikum erkannte man an diesem Abend an ihren Wollpullovern mit Elchen darauf. Und zumindest ein finnisches Wort konnten sich alle anderen an diesem Abend merken: „kiitos“ mit einem weichen k und einem langen spitzen i heißt Dankeschön. Tuija Komi sagte es nach fast jedem Lied.
Als „Auslandsfinnin“ lebt Tuija Komi seit fünfzehn Jahren in München. Dorthin hat es sie einmal verschlagen, als sie als Exportkauffrau arbeitete. Seit einigen Jahren ist sie jedoch Sängerin. Ihre erste CD mit dem finnischen Titel „Rempallaan“ ist vor zwei Jahren erschienen und bedeutet so viel wie ein positiv gemeintes „Durcheinander“ – an Finnischen Songs, Jazzstücken und ein paar Soulnummern eben.
Tuija Komis erstes Lied ist ihr Lieblingstango „Liliankukkan“, die Lilienblume. Wer den finnischen Tango kennt, weiß, dass er mittlerweile als eine eigene musikalischen Stilrichtung bekannt geworden ist. Er wird auch der Blues der Finnen genannt. Wenn man ihn mit einer passenden Farbe beschreiben wollte, dann müsste es allerdings ein Hellblau sein. Denn hinter der Melancholie dieser Melodien ist meistens ein Augenzwinkern versteckt. Niemand hat diesen trockenen Humor so exemplarisch veranschaulicht wie der finnische Regisseur Aki Kaurismäki. Schon in den ersten Takten von Tuija Komis finnischen Liedern fühlt man sich in die Atmosphäre seiner Filme versetzt. Erinnert sich an kräftige aber pastellene Farben und die unbeweglichen Mienen der Schauspieler in den absurdesten Alltagssituationen.
Und auch Tuija Komi muss immer wieder betonen, dass finnische Lieder immer traurig sind, und dass es nun „ernst“ werden würde. Kurz darauf bringt sie an der dramatischsten instrumentalen Stelle eines Stücks die Zuschauer mit ihren Grimassen zum Lachen. Tuija Komi ist eine Frohnatur und die finnische Melancholie ist voller Selbstironie. Wie wenn Tuija Komi mit der Anspielung auf ihre eigene Figur „Mollig in moll“ die Lacher wieder auf ihrer Seite hat. Oder wenn sie einleitend zu einem finnischen Lied, das für ein junges Mädchen geschrieben ist, erklärt, sie fühle sich jung genug um dieses Stück singen zu dürfen.
Das Kleid mit den großen bunten Blumen einer berühmten finnischen Modemarke beschreibt sie treffender als das knielange schwarze Kostüm, das sie anfangs trug. Ausschließlich dramatisch, wie man es von Jazzsängerinnen erwartet, die Ella Fitzgerald als ihr großes Vorbild benennen, ist Tuija Komi überhaupt nicht. Dafür aber angenehm entspannt und gelassen. Bodenständiger Barjazz gemischt mit finnischer Folklore.
„Ich nehme Sie jetzt mit nach Finnland, ganz in den Norden nach Lappland“, kündigt sie ein besonderes Stück an. Zu Beginn ruft sie nur mit wortlosen Lauten ihrer Stimme die Rentiere herbei. Joiken nennt man dieses Jodeln des im Norden Skandinaviens in Zelten lebenden Volkes der Sami. Schlagzeug und Bass mimen die erst trappelnden und dann tanzenden Hufe der Rentiere. In diesen traditionellen Liedern beeindruckt Tuija Komi am meisten.
Manchmal erinnert sie etwas an eine Pädagogin, die gerade versucht ihre Schüler zum Mitmachen zu bewegen, etwa wenn sie einstudierte Bewegungen zu einem Lied vollführt oder mit einem süddeutschen Akzent ins Publikum fragt „Hat es Ihnen gefallen?“. Sie sagt zwischendurch auch gerne „Guat“ auf Münchnerisch.
Schlagfertig und charmant kontert sie alle Fragen von Lothar Jänichen vom rbb-Kulturradio und verspricht ihm tröstend, dass sie auch sein Wunschlied „Die Rose im Tal“ noch für ihn singen wird. Sie hebt es fast bis zum Ende auf. So schön klingt traurig nur auf Finnisch. Zum Dank bekommt sie selbst eine Rose zum Abschied.
, ine Zimmer
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