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Kultur: Flotte Gavotten und Hühnergeschrei

Die Hamburger Ratsmusik in der Friedrichskirche

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Beim Stichwort „Preußische Hofmusik“ denkt wohl jeder zuerst an die Flöte von Friedrich dem Großen. Bei seinem Nachfolger, Friedrich Wilhelm II., stand dann das Cello im Mittelpunkt. Gelernt hat auch er zunächst Gambe, die kurz darauf von der musikalischen Zutatenliste verschwandt. Wie es dereinst um die Musik am Preußischen Hof und anderswo bestellt war, zeigte die Hamburger Ratsmusik am Freitagabend in der ziemlich schwach besuchten Friedrichskirche in Babelsberg. Ob als Duo, Trio oder als Quartett, bei diesen „Raritäten Preußischer Hofmusik“ drehte sich alles um den Klang der Gambe.

Simone Eckert gehört zu jenen Alte-Musik-Spezialisten, die das intime, leicht näselnde Streichinstrument wieder „hoffähig“ gemacht haben, nachdem es in der Symphonischen Musik keine Rolle mehr gespielt hatte. Der Gambenklang ist wie geschaffen für die galante und empfindsame Kammermusik des Rokoko und der Frühklassik. Das war auch die Zeit der letzten großen Gambisten. Einer davon, Carl Friedrich Abel, zog in ganz Europa von Dresden über Paris, London bis nach Berlin bleibende Spuren in Form von zahlreichen Kompositionen für sein Instrument. Sein zur Eröffnung gespieltes Quartetto A-Dur zieht mit heiter-verspielten, freundlich-sanften Klängen sogleich in den musikalischen Kosmos des Konzerts ein.

Auch Carl Friedrich Emanuel Bach, als Cembalist 30 Jahre lang in preußischen Diensten, hinterließ einige Kompositionen für ein bis drei Gamben. Bei der Sonate D-Dur, einem Duo, konnte man sich leicht vorstellen, wie der junge Friedrich Wilhelm und sein Lehrer, Hofgambist Ludwig Christian Hesse, gemeinsam musizierten. Die erste Gambe ergeht sich in virtuosen Läufen und zierlichen Trillern, während das Bassinstrument eifrig sekundiert, hier das Barockcello von Dorothee Palm. Vom letzten Gambisten der Berliner Hofkapelle, Josef Benedikt Zyka, erklingt ein Trio in A-Dur. Zur Abwechslung führt die Violine, schlackenlos rein von Christoph Heidemann gespielt, während die Gambe die zweite Stimme übernimmt und das Cello den Basso continuo gibt. Das „Schreien der Hühner“ bebildert der dritte Satz in bester Barockmanier, beginnend mit gestoßenen Tönen auf einer Saite und endend in gemütlichen Zweierrhythmen.

Nach diesen eher kuriosen als künstlerisch bedeutsamen Petitessen gab es mit dem Quartett D-Dur von Carl Stamitz das erste Werk mit größeren Dimensionen. Jeder Moment der reichhaltigen, differenzierten Komposition verströmt etwas von den neuartigen Klangwelten der Mannheimer Hofmusik, die für ganz Europa wegweisend wurde. Wiederum mehr als Übungsstücke erwiesen sich die knappen Auszüge aus der Oper „Castor und Pollux“ von J. Ph. Rameau in der Bearbeitung von Ludwig Ch. Hesse. In der Besetzung Gambe, Cello und Viola (Bettina Ihrig) vorgetragen, erinnern die Tanzstücke mit flotten Gavotten und turtelnden Tambourins an heitere Schäferspiele. Ungleich inspirierter, zärtlich, bisweilen elegisch, erwecken die vier Streichinstrumente Carl Fr. Abels Quartetto D-Dur zum Leben und bringen den melodischen und harmonischen Reichtum dieser fantasievollen und empfindsamen Komposition bravourös zur Blüte. Mit diesem ausdrucksvollen Finale und einem kleinen Menuett verabschiedet sich die Hamburger Ratsmusik zum herzlichen Beifall in der Friedrichskirche.

Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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