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Isländische Introspektion: Snorri Helgason und seine Band.

© promo

Kultur: Folkrock intim

Snorri Helgason kommt mit seiner Band aus Reykjavík in die Potsdamer Reithalle

Stand:

Freunden feinfühligen Folkrocks bietet sich zum Wochenausklang die Gelegenheit, einen der wichtigsten Protagonisten der Reykjavíker Musikszene in intimen Rahmen zu erleben. Snorri Helgason spielte als Mitglied der Indie-Boy-Group Sprengjuhöllin schon in großen Hallen. Bei der aus Schulfreunden bestehenden Spaßcombo hatte er das Image des introvertierten Feingeists, der den Schenkelklopfern seiner Kumpels beatleske Balladen entgegensetzte. Die fanden selbst bei Kritikern des Sprengjuhöllinschen Übermuts lobende Worte und eine davon – „Verum í sambandi“ – wurde 2008 bei den Iceland Music Awards zum „Song des Jahres“ gekürt. Der Plan einer englischen CD sollte jedoch wegen interner Differenzen platzen und Helgason bastelte auf eigene Faust an einem internationalen Album.

Dies bot mit seiner Mixtur aus Blue-Eyed-Soul und souveränem Folk-Fingerpicking bereits beste Voraussetzungen, um in der Retropop-Schwemme zu bestehen. Aber erst das reduzierter arrangierte Zweitwerk „Winter Sun“ brachte richtig zur Geltung, um welch ausdrucksstarken Sänger es sich bei Helgason handelt. Wenn er etwa in „Boredom“ verschmitzt bekennt, nach einem vertrödelten Tag weiterhin Hoffnung zu haben, dass die inspirierenden Sonnenstrahlen auch sein kahler werdendes Haupt noch treffen werden, hat Helgasons Vortrag nichts mit den Berufsmelancholikern gegenwärtiger Americana gemein.

Vielmehr erinnert er an solche Meister der Nuancen wie Ron Sexsmith, Jens Lekman oder Phillip Goodhand-Tait. Passend zum Zeitpunkt seiner Deutschlandtour hat der 29-Jährige ein brandneues Album namens „Autumn Skies“ im Gepäck. Wer im Titel einen Bezug zu Nick Drakes „Northern Skies“ wittert, liegt richtig. Doch statt sich dem zigfach interpretierten Stück (selbst von Till Brönner blieb es nicht verschont) auch noch anzunehmen, würdigt Helgason sein Vorbild, indem er mit dem Stück „Poor Mum“ eine Komposition von Drakes Mutter Molly aufgreift und dafür seiner Bandkollegin Sigurlaug Gísladóttir das Mikrofon überläßt.

Die mal Bass, mal Ukulele spielende Musikerin hat sich unter dem Namen Mr. Silla bereits als facettenreiche Sängerin etabliert, auch den Vergleich mit Leslie Feist braucht sie nicht zu scheuen. Und als Helgasons Duettpartnerin, sei es bei „Willie O'Winsbury“ (einer britischen Ballade aus dem 17. Jahrhundert) oder beim Memphis-Soul-Klassiker „Do Right Woman“, sorgt sie für eine Bühnendynamik, die an legendäre Auftritte von Bonnie Raitt und Jackson Browne denken lassen. Derzeit noch zum Kennenlernpreis! Markus von Schwerin

Snorri Helgason spielt am morgigen Sonntag um 20 Uhr in der Reithalle, Schiffbauergasse 1, Eintritt 8 Euro

Markus von Schwerin

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