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Kultur: Forsch und gleißend

Die Kammerakademie in der Friedenskirche

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Ist die Liebe ein Kriegsgetümmel? Diese Frage stellte sich am Sonntag beim „Triumph der Liebe“ von Jean-Baptiste Lully mit der Kammerakademie Potsdam in der sehr gut besuchten Friedenskirche in Potsdam Sanssouci. Die stark gekürzte Version der Ballett-Oper entpuppt sich als heftiges Spektakel, das dem Kriegsgott Mars alle Ehre macht. Da die ursprüngliche Handlung komplett umgestellt wurde, erscheint zum triumphierenden Finale, begleitet von lautstarkem Getrommel, der Kriegsgott, wenn auch gefolgt von putzigen Amoretten in Gestalt zweier Piccoloflöten und eines Fagotts. Unter der Leitung von Bernhard Forck musiziert die Kammerakademie im historisierenden Stil, verstärkt durch Basslaute (Ophira Zakai), Orgel und Cembalo (Clemens Flick).

Das Programm versprach „französischen Esprit und italienischen Gusto“: Einblicke in die französische und italienische Musik aus einer Zeit, als Oper und Konzertmusik noch sehr jung waren. Dementsprechend breit gefächert waren die Genres und das Repertoire. Gesellschaftlich spielte die Musik damals immerhin eine derart wichtige Rolle, dass der Streit zwischen den Befürwortern und Gegnern von französischer und italienischer Machart staatsbewegend wurde, zumindest in Frankreich. Einen Versöhnungsversuch unternahm François Couperin mit seiner Triosonate „L’Apothéose de Lully“, wo beide Stilrichtungen in Einklang gebracht werden sollen. Bernhard Forck, in der Rolle von Lully, und Christiane Plath als Corelli machen aus dem letzten Satz ein geigerisches Bravourstückchen voller technischer Finessen, wie staccato à ricochet. Doch letztlich erschien diese gelehrige Vorführung etwas gesucht.

Die beiden Werke von Pietro Locatelli und Arcangelo Corelli erweisen sich trotz ihres Namens Concerto grosso fast als veritable Violinkonzerte. Als wäre sie für einen sentimentalen Liebesfilm komponiert, so strömt die Musik in den kurzen, affektvollen Szenen von Locatellis „Il pianto d’Arianna“ dahin, wenn auch stellenweise drückend angespannt. Recht vorhersehbar in Dynamik und Phrasierung wirkt Corellis Concerto in D-Dur op. 6/1. Bernhard Forck erhält reichlich Gelegenheit zur Entzündung von schnell verpuffenden, virtuosen violinistischen Feuerwerken. Mit einer Suite aus Jean-Philippe Rameaus Barockoper „Dardanus“ endet der ambitionierte Konzertabend. Wie schon zu Beginn erklingt das gesamte Arsenal der Instrumente, inklusive Glöckchen, Triangel und Tambourin (Friedemann Werzlau), zierlich gurrenden Traversflöten (Bettina Lange, Franziska Dallmann) und glucksendem Fagott (Sabine Müller). Forsche, gleißende, wohl kalkulierte Passsagen prägen den Klang, selbst bei der ruhigen Episode „Calme de sens“ dringen die Streicher, obwohl durchwegs sordiniert, kräftig hervor. Lautstarker, anhaltender Beifall belohnt die wackeren Musiker der Kammerakademie und ihren formidablen Konzertmeister. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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