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Kultur: Forteforsch

Rossini Quartett im Palmensaal

Stand:

Pandora, griechische Erdgöttin und Allgeberin, hat das Gewerbe gewechselt, sich im Ostflügel der Orangerie im Neuen Garten angesiedelt und ein Café eröffnet. Ihrer berühmt-berüchtigten Büchse entströmen nach Deckelhebung nunmehr keinerlei menschliche Übel, sondern die Düfte aromatischer Kaffeevariationen und Kuchenkreationen. Sehr zur Freude müder und des Weges daherkommender Wanderer. Oder erwartungsfroh gestimmter Konzertbesucher. Wie jenen, die am Samstagnachmittag der Einladung der Havelländischen Musikfestspiele gefolgt waren, im Palmensaal ein Konzert mit dem Rossini Quartett aus Magdeburg zu erleben. Die Musiker, die sich anno 1989 als „Magdeburger Streichquartett“ gründeten, sind allesamt Musiker der landeshauptstädtischen sachsen-anhaltinischen Philharmonie. Werke der heiteren Klassik stehen auf dem Programm – angefangen von ihrem Namensgeber über Telemann bis hin zum Csárdás-Hit des Vittorio Monti.

Anders als bislang erlebt, ist diesmal der Palmensaal gründlich umgestuhlt. Man umsitzt halbkreisförmig die podestunerhöhten Musiker, die nun an der Künstlerpforte ihren Spielstandort gefunden haben. Intim ist’s, wie bei einer Hausmusik im bürgerlichen Salon. Und der ist restlos ausverkauft. Da man mit dem Rücken zur Fensterfront sitzt, kann kein augenblendender Sonnenstrahl die Konzentration auf die Musik und ihre Interpreten stören. Doch bald geraten die Raumtemperaturen in höhere Bereiche, was auch den Instrumenten zunehmend missfällt, sodass ihre Intonation bisweilen nicht mehr den erforderlichen Kriterien entspricht. Und das stört doch sehr. Genauso wie der Musiker unsägliche Manie, stets mit forteforschem Ton aufzuwarten. Ob Rossinis 1. Streichersonate, Telemanns G-Dur-Sonate Nr. 4 oder Mozarts D-Dur-Divertimento – alles klingt wie über einen Notenleisten geschlagen. Dazu kommt, dass anders als beim klassischen Streichquartett bei ihnen die Bratsche durch einen Kontrabass ersetzt ist. Folglich erklingen die meisten Werke in Bearbeitungen. Und die strotzen nicht gerade vor geschmeidiger Eleganz, spritzigem Charme und unforcierter Artikulation, von sinnstiftender Phrasierung ganz zu schweigen.

Doch wie das Übel an der Wurzel packen, wo es doch an Geschmeidigkeit im Klangrevier fehlt? Ach, hätten sie sich doch nur vorher ein wenig um die Vorzüge und Tücken der klarzeichnenden Akustik gekümmert, um sich dann bei ihrem Spiel dynamisch so weit wie möglich zurückzunehmen. Doch so Auch ist’s um die Ausgewogenheit zwischen zweitem Geiger Ingo Fritz, Cellist Marcel Körner und Kontrabassist Wolfram Wessel nicht zum Besten bestellt. Den Bogenstrich führen alle größtenteils auf Haarkante aus, was sicherlich auch zu einer gewissen Sprödigkeit mit beiträgt.

Als flinke, aber durchaus routinierte Hochdruckarbeiter erweisen sich die vier Musiker in den zu interpretatorischen Schmachtfetzen verkommenen Stücken eines Antonin Dvorak und seiner „Humoreske“ oder der „Romanza Andaluza“ von Pablo de Sarasate. Deren erotisch knisternde Glut verlöscht leider in einem Schwall anhaltinischer pseudosinnlicher Direktheit. In dieser Sammlung fehlte eigentlich nur noch Sindings Schmonzette des unsäglichen „Frühlingsrauschen“. Doch der effektvoll gespielte Monti-Csárdás reißt alles wieder raus und die Hörer zu Beifallsstürmen hin.

Peter Buske

Peter Buske

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