Kultur: Französische Sinneslust
Orgelsommer mit Daniel Maurer in Friedenskirche
Stand:
Orgelsommer mit Daniel Maurer in Friedenskirche Die Zufrühgekommenen werden von Geräuschen empfangen, die an Abrissarbeiten mit Hammer und Meißel erinnern. Dabei handelt es sich nur um Intonationsarbeiten an der Woehl-Orgel, deren Zungenstimmen wegen zu starker Sonneneinstrahlung durch die Fensterrosette der Feinabstimmung vorm Konzert bedürfen. Kantor Matthias Jacob und Orgelsachverständiger Andreas Kitschke teilen sich die Aufgaben: der eine drückt die Tasten, der andere klopft den Ton auf Idealklang zurecht. Schließlich überlassen sie das Feld dem französischen Organisten Daniel Maurer aus Strasbourg, der bei seinem Orgelsommer-Auftritt in der Friedenskirche neben einem Salut du Bach mit Klängen der Heimat aufwartet. Die Zungenstimmen französischer Bauart bekommen folglich reichlich zu tun. Wie schon im einleitenden Offertorium aus der Ersten Messe von Francois Couperin (1668-1733), das als „großes Spiel“, also in der Verbindung von mehreren Registern wiederzugeben ist. Dialoge zwischen Trompette harmonique, Voix celeste, Flötenstimmen und Cornet erzeugen die erwünschten Wirkungen – eine glanzvolle Klangfülle. Um die chronologische Programmfolge zu garantieren, kommt nun Johann Sebastian Bach mit seiner G-Dur-Fantasie BWV 572 an die Reihe. Konzertant und leichtfingrig hebt sie an, erfährt pedalgewichtige Unterstützung im dadurch pathetisch einherschreitenden Gravement-Teil. Nicht schlurfend oder schleppend, eher zielstrebig, erhobenen Hauptes und frohen Mutes mündet er in das Lentement-Finale mit seinen arpeggiohaften, gläsern anmutenden Klangkaskaden. Mit in Vernehmlichkeit ausgedrückter französischer Sinnenlust geht es in diesem sich zeitlich sehr ausdehnenden Programm weiter. Von Bach inspiriert, verströmt Alexandre Pierre Francois Boèly (1785-1858) in seiner Fantaisie et Fugue h-Moll reichlich verspielte Romantik a la francaise. Im strahlenden Plenum führt sie sich vor. Ein „Andante con moto“ erweist sich als eine vor Leichtigkeit strotzende, pastorale Petitesse. Doch der 1957 im elsässischen Mulhouse geborene, bei Jean Langlais ausgebildete und bei Marie-Claire Alain sich fortgebildete Organist versteht auch den Choral III a-Moll von Cesar Franck (1822-1890) fantasievoll zu registrieren, äußerst lebendig zu artikulieren. Er wählt ihm klangfarbenreiche Register aus, mischt sie originell und lässt sie effektvoll wirken. Vox humana, Trompette, Schwellwerk und Streicherstimmen, abgeschmeckt mit scharfwürzigen Principalen – dieser Mix erzeugt frappante Wirkungen. Das Singen auf der ganzen Linie mündet in ein toccatenartiges Finale. Weichgetönt, lieblich, schwebend und schmachtend zeigt sich ein Minuetto von Eugene Gigout (1844-1925); scharf getönt dagegen das Intermezzo aus der 6. Orgelsymphonie op. 42 Nr. 2 von Charles-Marie Widor (1844-1937), das Daniel Maurer zupackend und in orchestraler Klangfülle spielt. Im Kontrast dazu stehen zwei Stücke seines Lehrers Jean Langlais: schwebend das klangflächige „Chant de Paix“, resolut der gassenhauerische „Dialogue sur les mixtures“ in Couperinscher Machart. Zum Schluss erweist sich Daniel Maurer als exzellenter Improvisateur, der ein einfaches und einprägsames Thema in die spritzigsten, motorisch angetriebenen Verwandlungen führt. Der Beifall gerät heftig. Peter Buske Nächstes Orgelkonzert am 7.9., 19.30 Uhr, Erlöserkirche, mit Roman Perucki.
Peter Buske
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: