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Kultur: Frisch und ausdrucksstark

Ballettakademie Perm begeisterte mit Tschaikowskis „Nussknacker“ im Nikolaisaal

Stand:

Kein Weihnachten ohne Nüsseknacken. Jedoch auch keine Festzeit ohne jenen Nussknacker, den Peter Tschaikowski in seinem gleichnamigen Ballett unsterblich gemacht hat. Als nachträgliches Weihnachtsgeschenk war er den Potsdamer Ballettfreunden unter den Weihnachtsbaum gelegt. Zu diesem Zweck hatte sich das Podium des ausverkauften Nikolaisaals erneut in ein Theater verwandelt.

Die Projektion fallenden Schnees suggerierte dem Publikum entsprechende weihnachtliche Stimmung. Und mit etwas Fantasie konnte man sich in jene deutsche Kleinstadt des 19. Jahrhunderts träumen, wo Kinder im Hause der Familie Stadelmann auf die Bescherung warten. Aufgeregt tanzen sie sich an der Hand ihrer Eltern an den Ort des Geschehens vor. Viele sind nicht älter als die „Handlungsträger“, schließlich wird das tänzerische Märchen von der Russischen Staatlichen Ballettakademie Perm vorgezeigt. Kinder tanzen Kinder – das verschafft dem märchenhaften Geschehen um Nussknacker und Mäusekönig (nach E.T.A. Hoffmann) eine enorme Ausstrahlung, Frische und Lebendigkeit.

Und auch die Solisten sind nicht älter als 17 Jahre, schließen erst im Sommer ihr achtjähriges Studium mit dem Examen ab. Dass sie dies mit Bravour tun werden, steht nach dem Gesehenen außer Frage. Denn die Ballettakademie Perm gilt seiner ihrer Gründung im Jahre 1946 als die innovativste Talenteschmiede des Landes. Nicht nur das Theater für Oper und Ballett „Tschaikowski“ in Perm, sondern auch Bühnen in St. Petersburg, Moskau und Westeuropas versichern sich gern der an der Ballettakademie vorzüglichst Ausgebildeten. Jeder Absolvent erhält mindestens sieben Engagementsangebote! Was kein Wunder ist, denn in Perm paart sich das klassisch-akademische Exzercise mit Formen des modernen Ausdruckstanzes. Und so hieß es denn auch beim „Nussknacker“ nicht, in gefälligen Posen erstarren, sondern die Handlung lebendig und ausdrucksstark erzählen. Hände und Füße erhielten dabei auch „Rederecht“, und das Lächeln der angehenden Ballerinen und Ballerinos entbehrte jeder feinfrostigen Attitüde. Zudem verwöhnten farbenbunte Kostüme historischen (Rokoko-)Zuschnitts immer wieder die Sinne.

Vorgezeigt wurde die Originalchoreographie von Wassili Wainonen und Marius Petipa in der Bearbeitung von Kirill Schmorgoner, künstlerischem Leiter des Permer Theaters. In ihr ging es überaus stimmungsvoll, anmutig, glaubhaft und realistisch zu – auf Spitze oder nur mit plattem Fuß, mit eindrucksvollen Luft- oder Bodensprüngen, kraftvollen Hebungen, drehlaunigen Attitüden Dabei zeigte sich die Bühne wie leergefegt, wodurch das Können der Eleven trotz aller einengenden Veränderungen gegenüber dem Permer Original sich dennoch vorzüglich entfalten konnte. Als wahrlich zauberhafter Herr des Geschehens entpuppte sich Drosselmeier (Iwan Michalew, der das Zeug zu einem kraftvoll-männlichen Charaktertänzer besitzt), der der Pate der kleinen Maria (Maria Satula) ist und den Nussknacker (Alexej Savin) zu jenem Leben erweckt, das nur hölzerne Bewegungen gestattet.

Hinter seinen fledermausähnlichen Flatterflügeln stürmt der Mäusekönig (Dmitri Ternitzki) mit seinen Truppen auf die Bühne, verwandelt sich der Nussknacker in einen bildschönen Märchenprinzen (Rostislaw Desnitzkij). Beredt sind dessen Körpersprache, mühelos die raumgreifenden Drehungen, Sprünge mit nachschlagendem Fuß und federleicht wirkenden Hebungen der Märchenprinzessin (Maria Menschikowa), in die sich Maria geträumt hatte. Ein sprunggelenkiger Harlekin nebst seiner spitzensicheren Colombine, ein durch das Corps de ballet anmutig vorgeführter „Blumenwalzer“, ein Spanischer Tanz voller Grandezza oder der quirlige Chinesische Tanz waren Highlights des 2. Aktes. Die Musik kam aber leidernur vom Band. Das Permer Weihnachtsgeschenk wurde beifallsfreudig angenommen.

Peter Buske

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