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Von Barbara Wiesener: Fröhliche Lebendigkeit

Der Politiker Henning Scherf stellte seine Bücher in der Stiftungsbuchhandlung vor

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Grau und dennoch sehr bunt war das Publikum, das sich im Urania - Haus zur Lesung einfand. Die Stiftungsbuchhandlung hatte den bekannten Bremer Politiker und Autor Henning Scherf eingeladen, der soeben sein zweites Buch beim Radius Verlag vorlegte: „Gast bei fremden Freunden - eine Weltreise á la Scherf“.

Doch zunächst kam Scherfs erstes Buch „Grau ist bunt - was im Alter alles möglich ist“ (Herder Verlag 2006) ins Spiel. Der promovierte Jurist Henning Scherf, der in diesem Jahr bereits 70 Jahre alt wurde, war zehn Jahre Bürgermeister der Stadt Bremen. Bereits 1988, als er die Geschicke der Stadt noch als Justiz- und Bildungssenator mitbestimmte, gründete er mit seiner Frau eine zehnköpfige Wohngemeinschaft. Inzwischen ist sie, dank seines Buches, zur berühmtesten WG Deutschlands geworden.

Als Scherf 2005, bereits 67jährig, in den Ruhestand ging, bot das Mehrgenerationenhaus und die gemeinsamen Projekte ein reiches Betätigungsfeld, dem er seine fröhliche Lebendigkeit und Gesundheit verdankt. Unmittelbar nach dem Beginn seines Ruhestandes habe er das erste Buch über ein sinnerfülltes Leben jenseits der beruflichen Betätigung als Gegenantwort zu Frank Schirrmachers „Methusalemkomplott“ geschrieben. Scherf wollte dem herauf beschworenen Generationenkrieg seine friedlichen und inspirierenden Mehrgenerationenkonzepte entgegensetzen. Immer wieder thematisierte er im Urania-Haus die großen Chancen, die für die Zivilgesellschaft in der Aktivierung der Ruheständler lägen. Kaum ein Projekt in der Stadt und weltweit könnte ohne die vielen kompetenten Ehrenamtlichen bestehen.

Das zweite Buch, das schließlich doch noch ins Spiel kam, erzählt von Scherfs Reisen zu den Orten seiner weltweiten Projekte. Von Nicaragua, Chile, Indonesien, Singapur, Malaysia, Myanmar, Indien, Sri Lanka. Die Tagebucheintragungen über die Reiseerfahrungen komplettierte er mit Länderberichten, Projektbeschreibungen und eigenen Aquarellen. Um die Bremer Spenden für die Tsunami - Opfer sicher an den Mann zu bringen, hatte man sich an den Bremer Reeder Klaus Kriwat gewandt, der in Sri Lanka eine Niederlassung leitet. Mit dessen Hilfe konnten die Spendenmittel schnell und sinnvoll eingesetzt werden, ohne kostspielige Strukturen zu bezahlen. Vor Ort wollten sie sich auf der Besuchsreise über die Hilfsmaßnahmen informieren, um den Spendern in der Heimat eine Rückmeldung zu geben. Nach mühsamen Fahrten mit einem geheimnisvollen „Tuk-Tuk“ und schwitzenden Einkäufen im bürgerkriegsgeschüttelten Land entstanden viele zarte Aquarelle, die anschaulich den Reisebericht illustrieren. Am Ende der Sri Lanka Reise stellte Scherf resümierend fest: „Ich wollte mit unserem Besuch auch danken für die großzügige menschliche und logistische Hilfe. Wenn die Globalisierung nicht nur ein gigantisches Geschäft für Multis sein soll, dann verschaffen uns die vielen tätigen Mittelständler, die mit lokaler und regionaler Loyalität sich gewinnen lassen, ein Beispiel von der Gleichzeitigkeit alles Lebendigen auf dem Globus. So kann aus ,global denken’ auch ,global handeln’ werden."

Im anschließenden Gespräch zeigte sich dann wieder das große Interesse an den lebenspraktischen Fragen der erfolgreichen Wohngemeinschaft. Wie die finanziellen Fragen geregelt seien? Wie der Garten bestellt werden würde? Welche gemeinschaftlichen Rituale es gäbe? Wie viele in der Wohngemeinschaft von den Gründern noch lebten? Wie Konflikte bewältigt werden? Die Fragen setzten ein munteres Mehrgenerationengespräch in Gang, bei dem das Lebensalter ganz unwichtig hinter der persönlichen Lebendigkeit verschwand. Und erst in der Signierstunde beim Wein spät abends seinen Abschluss fand.

Barbara Wiesener

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