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Kultur: Fröhlicher Kunst-Galopp

Neunzehn Museen und Galerien luden zum Besichtigen, Musikhören oder Gesprächen ein

Stand:

Lange Nächte sind süß, lange Nächte sind ereignisreich, lange Nächte wollen durchwandert, durchgessen und durchtrunken werden. Für''s Auge und alle anderen Sinne war bestens gesorgt. Die erste Potsdamer Kunst-Genuss-Tour zog Menschen in Gruppen und als Paar, manchmal auch als Single in alle Galerien und Kunsthöfe der Stadt.

Was war das für ein fröhliches Kunstwandern, als man von der Galerie Bauscher in Babelsberg mit dem Shuttle in die Innenstadt fuhr, um zum Beispiel in der Galerie Benkert eine Menge filigraner und sehr drahtiger Hüte vor einem großen Spiegel aufzuprobieren und die Augen damit vor den flirrenden Wortspielen Christina Sustersics zu schützen. Der Hut hatte es auch der „Hutvariation“ in der Galerie Bauscher, sowie den in der Benkertstraßen-Galerie aufspielenden Musikern angetan, die eine Sammlung Liedguts zur Kopfbedeckung zum Besten gaben. Auch das kombinatorische Gehirn bekam Nahrung auf der Suche nach der „Panzerhalle“. Wusste man vorher, dass diese eigentlich in Groß-Glienicke beheimatet ist, so war in der Zeitung zu lesen, dass sie sich in der Hermann-Elflein-Straße präsentieren würde. Doch da hingen die fröhlichen Arbeiten der k.o.-Gewinner „Fresse und Whisky“ und hatten keine Ahnung. Humboldt-Buchhandlung, erfuhr man und hob sich das für später auf. Die Tour machte offensichtlich nicht nur dem Publikum Spaß, auch die Organisatoren hatten Augenzwinkern mit in diese Nacht gebracht. Bei Sperls bot die „BarOMeter“ Getränke ohne und mit Charakter, die nach den ausstellenden Künstlern benannt waren. So gab es den charakterlosen „Germo Glass clear water“-Drink und die „Harry-Mohr-Lake“ zu Mohrs „Ganz-Cocktail“-rotem Bild. Wenn man genug der charakterhaltigen Getränke intus hatte, konnte man sich auch an dem eigens gehängten erotischen Kabinettchen erfreuen, das den Mittelgang zierte, und daran denken, zu welchem Genuss der Mensch manchmal sogar ganz ohne Kunst fähig ist. Bei Peter Kurgan roch es nach frischen Bildern in Öl.

Viel Musik für alle Ohren war auch geboten, angefangen bei dem „Trio Ungefähr“, das den Hof des Potsdam-Museums sehr belebte, über klassische Klavierklänge in der Galerie Ruhnke und dem harten Sound der „Rockefellers“ im KunstWerk-Hof, bis hin zu freundlichem Jazz im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte und in der „Galerie Q5“ in der Kurfürstenstraße. Dort mischten sich die Jazzklänge allerliebst zur gesunden Gemüsenahrung „Labsal“. Manche der großformatigen Porträts Peter Klitta, von Edgar Allen Poe bis zu Ernst Barlach, trugen noch Spuren der Kunstbemühungen, die sich in den Quer- und Längsfarben von Matthias Kanter verloren. Viel junges Publikum war da zu sehen, ein freudvoller Anblick.

In der Galerie Ruhnke wurde die Bedeutung von Kunst diskutiert. Ulla Walter bezeichnete ihre Bilder als Lebens-Halt, und Wilhelm Neufeldt warf die Frage auf, wie die Kunst sich dem Markt andiene und ob der Marktwert für den Sammler Bedeutung habe. Für ihn nicht, sagte er und zeigte einen Porree von Cornelia Schleime, der seine Küche ziert und der sich zu den verspielten Aquarellen von Albers/Sage gar komisch ausnahm. Später war dort Unterhaltsames von Ludwig Richter und anderen Romantikern aus Klaus Büstrins leseerfahrenem Mund zu hören, und einzig bitter war der Preis des von „In vino“ angebotenen Weins. Fünf Euro erschienen dann doch übertrieben, und man zog wieder in den KunstWerk-Hof, um sich mit der großen Gipsfrau mit dem lindgrünen Kleid und den wehenden Haaren über den finanziellen Verlust zu trösten, nicht ohne vorher die Blechgieskannengalerie im „Haus zum Güldenen Arm“ bestaunt zu haben.

Weiter ging''s im fröhlichen Kunst-Galopp zu den Steinquadern der Galerie Samtleben und in den dortigen lauschigen Innenhof, dann zum Luisenforum. Hier entpuppte sich das Art Sushi Event allerdings als ganz normales Essen, und die Düfte des Inders bei der indischen Ausstellung der Galerie M hatten weitaus libidinösere Assoziationswirkung.

Und immer noch fehlte die Panzerhalle. Die Humboldt-Buchhandlungs-Schaufenster glotzten dunkel und trotzten dem kunstsuchenden Blick mit Bildern aus Kinderhand. Auch das ein Beitrag zur Kunstgenusstour? Zumindest ein Rätsel, das ungelöst blieb.

Lore Bardens

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