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Paul Maar erzählte in der „fabrik“ über das Sams: Froschfüße für Herrn Taschenbier

Paul Maars Geschichtenreihe über die Figur des Sams ist ein Klassiker der Literatur für Kinder geworden: 1973 erschien die Erzählung „Eine Woche voller Samstage“, in der das Sams erstmalig auftaucht – eine kindhafte Figur mit Rüsselnase, roter Borstenfrisur, Froschfüßen und Trommelbauch. Eigentlich geht es aber um den unscheinbaren Herrn Taschenbier, bei dem an einem Samstag das Sams auftaucht – nachdem es am Donnerstag donnerte und er am Freitag frei hatte.

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Paul Maars Geschichtenreihe über die Figur des Sams ist ein Klassiker der Literatur für Kinder geworden: 1973 erschien die Erzählung „Eine Woche voller Samstage“, in der das Sams erstmalig auftaucht – eine kindhafte Figur mit Rüsselnase, roter Borstenfrisur, Froschfüßen und Trommelbauch. Eigentlich geht es aber um den unscheinbaren Herrn Taschenbier, bei dem an einem Samstag das Sams auftaucht – nachdem es am Donnerstag donnerte und er am Freitag frei hatte.

Ein wenig hat die deutsch-deutsche Grenze verhindert, dass Maar im Osten der Republik denselben Bekanntheitsgrad wie im Westen erreichte. Unbekannt ist er hierzulande dennoch nicht – als er am gestrigen Sonntag im Rahmen des Literaturfestivals „lit:potsdam“ in der „fabrik“ aus den Sams-Geschichten las, ließen sich das viele Potsdamer nicht entgehen; und das waren nicht nur Kinder. Obwohl: lesen? Paul Maar, mittlerweile 77 Jahre alt, erzählt lieber, mit großväterlicher Rhetorik. Eigentlich wollte er ja keine Fortsetzungen mehr schreiben, „aber dann kamen die Kinderbriefe“. Und da er den Ehrgeiz habe, jeden einzelnen zu beantworten, ließ er sich quasi die Fortsetzungen diktieren: Herr Taschenbier ist in seinem neuen Buch, das demnächst erscheinen wird, Großvater, und das Sams seit nunmehr 15 Jahren bei ihm. Was passiert aber, wenn ein Sams länger als 15 Jahre, 15 Stunden und 15 Minuten bei einem Menschen bleibt? Richtig: Der Mensch mutiert selbst zum Sams. Genauso geht es auch Herrn Taschenbier, der auf einmal rote Haarsträhnen bekommt, frech wird – und als er sich in eine Schokoladenfabrik wünscht, geht die Alarmanlage los und Herr Taschenbier landet im Gefängnis. Da das Sams ja Wünsche in Erfüllung gehen lassen kann, kommt er bald frei. Dazwischen wird gesungen und gereimt, weil im Universum des Sams alle ein bisschen verrückter als im wahren Leben sein dürfen.

Typisch für Maars Geschichten ist die Verherrlichung der Naivität, dazu die tiefe Sympathie für Verliererfiguren, die allesamt ein großes Herz besitzen – in kurzen, präzisen Sätzen wird das Unerwartete spürbar. Und immer wieder die Sehnsucht nach Unbeschwertheit, die in den Geschichten aufblitzt – eine Hommage an die Kindheit. Und auch als Erwachsener sollte man jemanden haben, der charakterliche Defizite ausgleicht – mag es auch eine Figur mit Taucheranzug und blauen Sommersprossen sein, die Wünsche erfüllt. Das mag die Welt vielleicht nicht besser machen, schöner macht es sie auf jeden Fall. Oliver Dietrich

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Oliver Dietrich

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