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Kultur: Frühlingsknospen

Klassik am Sonntag im Nikolaisaal mit Brandenburger Symphonikern

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Klassik am Sonntag im Nikolaisaal mit Brandenburger Symphonikern Es ist überaus erstaunlich, wie sich die Brandenburger Symphoniker unter ihrem Chefdirigenten Michael Helmrath entwickelt haben. Unter seiner Leitung klingen auch die bekanntesten Stücke frisch und lebendig, nie gibt es beiläufig routinierte Passagen oder laute Phrasen, die auf plumpe Wiedererkennungseffekte zielen. Selbst ein (Schul-)Musikklassiker wie die Leonoren-Ouvertüre Nr. III op. 72 von Ludwig von Beethoven verwandelt sich unter Helmraths Dirigat beim Nachmittagskonzert im Nikolaisaal. Die Exposition entsteht wie aus dem Nichts, langsam und leise ausdifferenziert, man hört ein bezwingendes Vorspiel ohne heroisches Auftrumpfen. Auch das zweite Thema lässt Helmrath in ätherischem piano beginnen, zerlegt das Werk in kleinste Partikel, schafft durchlässige Transparenz und klare Linien. Selbst die prekäre Violinstelle gelingt aus einem Guss, als wollten die Musiker sagen, das schaffen wir doch locker! Eine so luftige Leonore ohne Trotz und Pathos hat man lange nicht gehört. Das erste Konzert für Waldhorn Es-dur op. 11 von Richard Strauss liefert eine prägnante Talentprobe des gerade mal Achtzehnjährigen, dessen Vater ein gefeierter Hornvirtuose war. Mit erstaunlicher Virtuosität erfüllt das Horn die Position des Soloinstruments, wird gar zu einem Melodieinstrument erster Güte. Wegen der hohen technischen Ansprüche soll sich der Vater geweigert haben, das Werk selbst zur Aufführung zu bringen. Doch für den jungen, mehrfach ausgezeichneten Hornisten Robert Langbein, Solohornist im Sinfonie Orchester Berlin, ist dies kein Problem. Langbein spielt mit vorzüglichem Ansatz, passend zu den sacht fließenden Klängen der Streicher und verleiht selbst der kleinen Kadenz in der finalen Coda dezent expressiven Ausdruck. Bunte Frühlingsknospen sprießen in Robert Schumanns Sinfonie Nr. 1B-Dur aus dem schweren Boden der klassischen Musiktradition ins Licht. Wieder dirigiert Michael Helmrath auswendig, er pflügt den Acker leicht und behende, lockert das Erdreich auf und zieht dabei deutlich klare Spuren. Die Saat geht gut auf. Rhythmische Wechsel gelingen präzis, dynamische Steigerungen erheben sich locker gehäufelt aus der dunklen Krume, hier und dort wächst erstes helles Grün. Überhaupt setzen die Brandenburger Sinfoniker auf detaillierte, gründliche Kleinarbeit. Dass dies nicht lehrmeisterlich wirkt, verhindert vor allem die konstant ausgeprägte Rhythmik sowie die vereinzelt aufblühenden melodischen Akzente der Holzbläser. So entsteht das Larghetto als weitschwingendes, poetisches Klanggemälde in zarten Farben. Zauberisch erklingt die Schlusscoda im Scherzo, eine delikate Verwandlungsmusik, die ins lebhafte Finalrondo führt. Duftige Klänge, tänzerische Anmut, gelöste Stimmung verfehlen nicht ihre Wirkung auf die begeisterten Zuhörer – und werden sie noch mit nach Hause begleiten. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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