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Kultur: Fünf Freunde sollt ihr sein

„Slut“ begeisterte im Waschhaus mit energetischer Leidenschaft

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„Slut“ begeisterte im Waschhaus mit energetischer Leidenschaft An „Slut“ führt im Moment kein Weg vorbei. In den letzten Jahren haben die fünf Vollsympathen scheinbar verlernt, schlechte Songs zu schreiben. Das aktuelle Album „All we need is silence“ wartet mit Songwriting vom Feinsten auf und sichert Ingolstadt einen festen Platz auf der Rock-Landkarte. Erst einmal dürfen aber, die als „Special Guests“ angekündigten „Tellaro“ die Bühne des Waschhaus bespielen. Die Sizilianer liefern Musik für den Sonntagnachmittag: angenehm melancholische Songs mit zurückgenommener Stimme, hart an der Grenze zur Lethargie. Zwischendurch erlebt das Publikum einige weinige psychedeliche Ausbrüche, dann plätschert „Tellaro“ wieder sicher in schwermütigen Gefilden vor sich hin. Zeit, sich noch einmal zu strecken und die Glieder für „Slut“ in Tanzposition zu bringen. Die betreten die Bühne zunächst nicht zum Spielen, sondern um ihr Equipment aufzubauen. Das gibt in der Kategorie „Rock-Star“ natürlich derbe Abzüge, schließlich müssen das eigentlich zwei Dutzend schwer tätowierte Roadies übernehmen. Schleppend geht es los: „The Beginning“ brodelt auf halber Flamme und Sänger Christian Neuburger singt mit zusammen gekniffenen Zähnen: „Let’s make war instead of love.“ Eine Kriegserklärung, die nicht ernst genommen werden darf, zumal ausgesprochen von einem Lockenkopf im bunten Poloshirt. Gutgelaunt pendeln „Slut“ an diesem Abend zwischen den Lieblings-Schwiegersöhnen und ungezogenen Kindern. Die vielseitige, aber immer stilsichere Musik versöhnt Bravo- und Spiegel-Leser. Im Publikum wird gepogt, geschmust, getanzt – ein einsamer Stagediver krault seine Runden über die Köpfe und Hände der Gäste. Der Sound kann mit den großartigen Songs leider selten mithalten. Breiig und drucklos dröhnt es aus den Boxen, das Schlagzeug scheppert laut aber lasch in die Gehörgänge. Aber Songgebilde, wie „Staggered and torn“ oder „Why Pourquoi (I think I like you)“ lassen sich dadurch nur oberflächlich ihrer Substanz berauben. Mit letzterem haben sie Bayern bei Stefan Raabs „Bundesvision Song Contest“ lautstark und würdig vertreten. Die polyglotte Liebeserklärung ist zudem der Titeltrack des Films „Katze im Sack“, der ab April auf deutschen Leinwänden flimmert. Mit energetischer Leidenschaft feuern „Slut“ alles ab, was die fünf Alben der Band an Hit- und Tanzpotenzial hergeben. Und das ist eine ganze Menge. Zwei Stunden führen sie die Fans durch ein knappes Jahrzehnt Bandgeschichte. Der von den Zuschauern geforderte Zugabenblock beinhaltet natürlich das obligatorische „Andy“ und gibt Neuburger am Ende noch einmal die Gelegenheit, sich beim kreischenden Finale von „Cloudy Day“ die Stimmbänder zu ruinieren. „Wir sehen uns oben an der Bar“, verabschiedet sich der Sänger charmant von der Bühne. In Sachen „Rock-Allüren“ brauchen „Slut“ wirklich dringend Nachhilfe, vielleicht haben die Gallagher-Brüder zur Zeit nichts zu tun. Christoph Henkel

Christoph Henkel

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