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Kultur: „Für Kurt und für Paul“

Im Lindenpark ehrten zwölf Bands den toten Sänger von Nirvana auf ganz unterschiedliche Weise

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Nirvana lebt. Zumindest ihre Musik, die unter der Bezeichnung „Grunge“ (englisch für „Schmuddel, Dreck“), Anfang der 90er Jahre die Charts eroberte. Sie wird heute noch von den 14 bis 18-Jährigen, den Nachfolgern der „Generation X“, gehört und gefeiert. Anlässlich des zwölften Todestages von Sänger Kurt Cobain, der sich am 8. April 1994 mit einem Gewehr erschoss, kamen am Samstagabend etwa 500 Besucher in den Lindenpark.

Die meisten von ihnen Teenager, die zur Zeit, als der Nirvana-Song „Smells Like Teen Spirit“ weltweit die Hitparaden erstürmte, noch im Sandkasten spielten. Aber Emotionen wie Wut, Trauer und Verzweiflung an einer Welt ohne Orientierung, die Cobain einst in seinen Songs verarbeitete, beherrschen auch die heutigen Teenager. Harte Gitarren-Riffs, Punk-Attitüden und düsterer Schrei-Gesang sind immer noch angesagt, auch wenn Casting-Groups wie „Tokio Hotel“ einen anderen Anschein geben. Die zwölf Bands im Lindenpark hatten jedenfalls keine Probleme, das junge Publikum zu begeistern: Es wurde viel mitgesungen, massenhaft getanzt und das Ritual des „Stagediving“, bei dem jemand von der Bühne ins Publikum springt und auf Händen durch den Saal transportiert wird, funktionierte gleich mehrere Male. Vor einem feierlich geschmückten Bühnenbild mit kirchlich anmutenden Kerzenständern, Plastik-Lilien und dem legendären Nirvana-Unplugged-MTV-Auftritt, der auf der Videowand lief, zelebrierten die Bands aus Potsdam, Umland und Berlin den Todestag ganz unterschiedlich. Sichtlich ergriffen kündigte der 22-jährige Peter von der Band „Pentaphon(e)“ den Song „Sappy“ an: Sein Freund habe sich vor drei Jahren das Leben genommen und deshalb sei der Song ihm gewidmet. „Für Kurt und für Paul“, sagte Peter, bevor er voller Verve ins Mikro schrie, sich ekstatisch zur Musik bewegte und zum Schluss mit dem Daumen theatralisch über die eigene Kehle fuhr. Ganz anders ging „Gardens End“ mit dem großen musikalischen Erbe um. Die Bandmitglieder aus Teltow, Ludwigsfelde und Berlin vermitteln den reinen Spaß mit lockeren Sprüchen, Stagediving mit umgehängter Gitarre und lustigen Textumdeutungen. Dem Nirvana-Klassiker „Come as you are“ fügten sie frech eine deutsche Strophe hinzu: „Kurt Cobeen/dein Problem/ist Drogen nehm““. Dazu brachten die Berliner Newcomer „Poolstar“ eine krachige Version von „Lithium“, die Babelsberger „Madstop“ harte Metal-Riffs zum Pogen, „J. Beats X“ Nirvana-Songs mit kräftiger Frauenstimme. Am häufigsten wurde die Ballade „Something in the Way“ gespielt, nicht „Feels like Teen Spirit“. Karsten Sawalski

Karsten Sawalski

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