zum Hauptinhalt

Kultur: Galant und graziös

„Stunde der Musik“ mit böhmischer Bläsermusik

Stand:

Als gefällige, knapp gefasste und kurzweilige Stücke der angenehmsten (Unterhaltungs-)Art schmeicheln sie sich den Ohren ein. Die „Stunde der Musik“ setzt diesmal ganz auf „Böhmische Bläsermusik“, die Mitglieder der Kammerakademie Potsdam unter der spannenden und anspornenden Anleitung ihres künstlerischen Leiters und Fagottisten Sergio Azzolini im rappelvollen Nikolaisaal-Foyer aufführen. Er sitzt inmitten seiner Musikerschar, behält hellwachen Sinns den Überblick über das Tun, achtet auf klangliche Zusammenhalte. Dennoch kann er nicht verhindern, dass manche Hörnerpassage im Es-Dur-Oktett von Josef Myslivecek (1734-1781) nicht sauber genug klingt, um die Hör- und Genusssinne durchweg zu erfreuen. Keine Trübungen verheißen dagegen die anderen Instrumente dieser klassischen Bläserbesetzung, die voller Grazie und Anmut die Köstlichkeiten des Mozart-Zeitgenossen ausbreiten.

Jeder Instrumentalist verschafft sich dabei Gehör, ohne den anderen auszustechen – der Gemeinschaftssinn ist ausgeprägt. Jeder Musiker koloriert mit seiner Instrumentalfarbe das musikalische Geschehen auf passendste Weise. Böhmens Klänge wissen es zu schätzen. Innig breitet sich das Larghetto aus, während der Trioteil des Menuetto-Satzes durch ein klangzärtliches A-trois-Gespräch von Fagott (Azzolini) und zwei Klarinetten (Laura Ruiz, Matthias Simm) bzw. ein poesievolles Duettino zwischen je zwei Oboen und Fagotten ganz die galante Lebenslust des späten 18. Jahrhunderts verströmt. Auch Antonio Rosetti (1750-1792) weiß durch graziösesten Tonsatz für sich einzunehmen. In seiner Partita Es-Dur für sieben Blasinstrumente purzeln und tollen die Einfälle keck über- und ineinander. Klangliche Brillanz ist angesagt, die sich durchdringender Schärfe – wie noch bei Myslivecek mitunter zu hören gewesen – weitgehend enthält. Erreicht wird es durch den gefälligen und weich geblasenen Flötensound (Bettina Lange), unterstützt von Fagott und Oboe. Ungemein schwierig und diffizil sind die Hornpartien, die den Musikern nunmehr wesentlich intonationstrefflicher gelingen als zuvor.

Unterhaltendes zeichnet auch die selten gespielte d-Moll-Serenade für zehn Blasinstrumente, Violoncello und Kontrabass op. 44 von Antonin Dvorak aus. Gleich einem gewichtigen Einzugsmarsch kommt der erste Satz daher, dem eine gewisse bläserische Derbheit und Direktheit eigen ist. Dagegen bringen die Streichinstrumente reizvolle Klangfarben in das weitere musikalische Geschehen. Eher folkloristisch auftrumpfend und ländlich denn höfisch-aristokratisch geht es im Menuett zu, das für den dörflichen Tanzboden wie geschaffen scheint.

Gleich einer stimmungsvollen Nachtmusik breitet sich das Andante con moto aus, angeführt von zwei Klarinetten und unterstützt von drei Hörnern (Andreas Bohm, Kathrin Szasz, Jana Rerichova). Dennoch fühlt man sich nicht wie im heimeligen Märchenwald, sondern eher in die Abgründe einer romantisch-zerklüfteten Wolfsschlucht à la Weber. Im Bemühen um kräftigen Ausdruck wird ein (vor)lautstarker Ton angeschlagen. Böhmische Folklore bestimmt das Finale, das ob seiner gewissen Schroffheit an den Hexenritt aus Humperdincks „Hänsel und Gretel“ erinnert. Schmachtende Einwürfe von Violoncello (Damien Ventula) und Kontrabass (Anne Hofmann) erklingen, ehe der Einzugsmarsch wieder erklingt und die Auszugsmarschrichtung vorgibt. In vordergründiger Fröhlichkeit endet, was klanggewichtig begann. Heftiger Beifall. Peter Buske

Peter Buske

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })