Kultur: Galantes Rankenwerk
„Dresdner Kunstraub“ bei den Musikfestspielen
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Was sich unter dem kecken Titel „Dresdner Kunstraub“ verbarg, konnten die Besucher beim Konzert der Musikfestspiele am Freitagabend erleben. Die köstlichsten Kunstgenüsse erlebte Kronprinz Friedrich erstmalig im besten Teenie-Alter in Dresden. Insbesondere die Musik hatte es ihm angetan. Verglichen mit seiner preußischen Heimat, lag da ein wahres Eldorado in Sachsen.
Fortan setzte er alles daran, um solche Inseln der Seligkeit auch zu Hause zu erleben. Was der Kronprinz gehört und schließlich selbst gespielt haben könnte, präsentierte das junge Ensemble Les Ambassadeurs bei einem reizvollen Konzert im Ovid-Saal. Zuvorderst der Flötist Alexis Kossenko, nicht minder die Geigerin Zefira Valova bezauberten das Publikum zusammen mit Tormod Dalen, Violoncello, und Violaine Cochard, Cembalo. Die meisten Kompositionen des Programms stammten aus dem legendären Schrank No. II, der den Nachlass des Dresdner Konzertmeisters Johann Georg Pisendel enthält und derzeit im Rahmen eines DFG-Forschungsprojekts aufbereitet wird und auch im Internet zugänglich ist.
Wie keinem zweiten wurde Antonio Vivaldi am Dresdner Hof gehuldigt, so machte denn auch ein Concerto für Flöte und Violine des temperamentvollen Venezianers den Anfang. Die später nur noch selten anzutreffende Kombination dieser beiden Instrumente fand sich auch bei Georg Philips Telemanns Concerto primo, allerdings in munterer Dreisamkeit mit dem Cello, das hier sein damals übliches Dasein als zuverlässiges Continuo-Instrument gelegentlich verlassen durfte.
Wie sehr zu Unrecht Telemann immer noch unterschätzt wird, zeigte sich auch an einer äußerst ingeniösen Flöten-Sonate. Nicht nur hier, auch in Franz Bendas Sonata e-moll für Flöte, wohl explizit für Friedrich II komponiert, erfreute Alexis Kossenko mit weichem Klang und weitem dynamischen Spektrum. Für den König geschrieben wurde das Trio D-Dur von Joseph Joachim Quantz, der dem Ruf seines zukünftigen Herrn zunächst als heimlicher Lehrer gefolgt war. Erst nach der Krönung verließ Quantz Dresden, um fortan über dreißig Jahre im Dienst der preußischen Hofkapelle zu stehen.
Mit Quantz, Benda und Carl Philipp Emanuel Bach am Cembalo hatte Friedrich II schließlich ein Trio auf höchstem Niveau, das den Dresdner Musikern nicht nachstand. Mit der Trio-Sonate D-Dur des Berliner Bach, der schließlich Nachfolger seines Taufpaten Telemann in Hamburg wurde, zelebrierten die französischen Botschafter der Musik erneut ein galantes Rankenwerk von Flöte und Violine. Wenn Tafel- und Unterhaltungsmusik so hinreißend gespielt wird wie von den erstmals bei den Musikfestpielen Potsdam auftretenden Ambassadeurs, wird sie zum reinen Genuss. Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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