zum Hauptinhalt

Kultur: Gar nicht preußisch

Metallischer Lärm mit Crustcore im Spartacus

Stand:

Natürlich beteiligt sich das linksalternative Zentrum „freiLand“ mit einer Veranstaltungsreihe zum „Tag von Potsdam“ mit einem breiten kulturellen Programm – und da sollte der Donnerstagabend mit ganz viel Krach beim „East West Crust Test“ im Spartacus für einen Höhepunkt sorgen. Nun ist man dort vor allem für die lockere elektronische Unterhaltung bekannt, übernimmt aber als Veranstaltungsort bereitwillig auch mal die Aufgabe des Familienmitglieds „Archiv“, das eher für die härtere Gangart bekannt ist: Crustcore war angesagt, eine der rauesten und unrasiertesten Spielarten des Punkrock.

Dieser höchst metallische Lärm war natürlich Teil des Konzepts: „Wir haben uns dabei schon was gedacht“, erzählt Mitveranstalter Paul Lingenthal. „Mit dieser bewusst wütenden Spielart soll natürlich transportiert werden, wie wir uns fühlen.“

„Preussen bleibt scheisse“ hing als Banner im Veranstaltungsort – und daran schien keiner der Anwesenden zu zweifeln. MVD aus Berlin machten den Anfang, wobei diese eher dem klassischen D-Beat verschrieben waren, also der alten Schule des Crust, die deutlich am Punkrock orientiert und am typischen Uffta-Beat des Schlagzeugs zu erkennen ist. Der Sänger bellte in das Mikrofon und die Gitarre trieb dazu vorwärts.

Avverkad – trotz des skandinavischen Namens ebenfalls Berliner – traten dann noch mehr aufs Gaspedal: Die schwedische Schule war unverkennbar, das Aggressionspotenzial immens. Hier wurde ordentlich geradeaus geprügelt, die zwei Sänger brüllten in ihre Mikros und die Gitarre war so tief gestimmt, dass sie mühelos dem Bass Konkurrenz machte.

Die Headliner Unrest schließlich brauchen sich hinter dem Münsteraner Flaggschiff „Keitzer“ nicht zu verstecken: Was macht Münster nur so aggressiv? Unrest brachen hinein wie eine Lawine und waren an Brutalität nicht mehr zu überbieten. Der Sänger erinnerte in seiner Präsenz an Godzilla, man hatte fast Angst, dass er das Mikrofon einfach auffraß. Ein Unrest-Konzert ist wie die Tür eines Pitbull-Zwingers zu öffnen oder sich auf eine Handgranate zu setzen – anscheinend hat Münster den Ruf einer langweiligen Stadt wieder gutzumachen.

Wenn der Plan des Spartacus war, an diesem Abend Risse in das Potsdamer Stadtschloss zu transportieren – das könnte sogar geklappt haben. Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })