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Kultur: Gast-Maler

Ausstellung von Il ponte im Alten Rathaus

Stand:

Mit einer gedoppelten Vernissage eröffnete Il ponte jetzt im Alten Rathaus eine längst geplante Ausstellung. Duplex deshalb, weil zwei Uhrzeiten angegeben waren, längst geplant, weil der eine oder andere den in Potsdam produzierten Jahreskalender „Führe mich, Freund, in deine Stadt“ längst in den Händen hatte, ohne der Originale ansichtig zu werden.

Sie hängen nun bis Anfang Februar im Musikzimmer des altehrwürdigen Gebäudes. Genügend Zeit also, mal zu schauen, wie ein Potsdamer Künstler die Partnerstadt Perugia und ein Perugianer die brandenburgische Landeshauptstadt gesehen hat. Für den pensionierten Architekten Karl-Heinz Wolf war es ein Abenteuer, sich mit Tasche und Koffer, per Bus und Bahn, bis ins Land der Schatten durchzuschlagen, nach Umbrien. In dessen Metropole nahm ihn eine Familie „mit italienischer Gastfreundschaft“ auf. Seine Aquarelle und Zeichnungen bezeugen nicht nur, dass er „wirklich“ auf der „Piazza Matteotti“, der „Via della Cupa“ oder gar im benachbarten Assisi war, sondern zugleich auch ein sehr gediegenes Handwerk, welches er in seiner Studierzeit von der Pike auf gelernt hat. Anders als mancher Berufskollege gestaltete er mit künstlerischer Hand, was seine Architektenaugen sahen, und es liegt nicht an den Altstadtmotiven allein, wenn diese Arbeiten – ausdrücklich auch die aquarellierten – archaisch-zeitlose Züge in sich tragen. Sie transportieren etwas von dem Geist dieser Stadt, von dieser vieldeutigen Landschaft der „umbrae“, manche von ihnen wirken flüchtig, und dennoch konstant.

Im Kalender alternieren sie mit ihren Potsdamer Gegenstücken. Ferruccio Ramadori hat eine etwas weichere Art der Darstellung, wenn er die Historische Mühle konterfeit, die Orangerie oder den betont idyllischen „Blick auf die Nikolaikirche“. Eigentlich ganz witzig, dass ein Italiener nach Potsdam kommt, um hier italienische Motive zu zeichnen. Obgleich er die Akademie der Schönen Künste in Perugia besuchte, ein Soziologiestudium abschloss und sich auch als Mundart-Lyriker hervortat, kann er von seinen Künsten nicht leben. Seine Abwesenheit zur Eröffnung wurde damit begründet, dass er arbeiten müsse, die Bahn gab dem Fahrkartenverkäufer nicht frei. Jammerschade, von ihm hätte man sicher gute Auskunft über die „südliche Art“ Potsdams bekommen. Aber vielleicht sprechen seine Bilder ja auch für sich. Vierundzwanzig von beiden sind bei diesem partnerschaftlichen „Austausch von unten“ im Musikraum oben gehängt. Was dergestalt wächst, ist mehr als die Verbindung von Amt zu Behörde. Womöglich, so war zu hören, weitet sich solche „Beziehung“ unter dem Namen „Brandenburg – Umbrien“ noch aus.

„Führe mich, Freund, in deine Stadt ... führe mich, Freund, in dein Herz“, lautet das poetische Motto dieser schönen Exposition, geschrieben von der Lyrikerin Rita Cipriani – „nie wieder werden wir einsam sein“. Zum Anlass wurde extra umbrischer Wein „eingeflogen“, es gab Freundlichkeiten, kulturvolle Stimmung. Ein Vertreter vom Rathaus war nicht anwesend, sonst mancherlei Mensch, den Einsamkeit trieb.

Nach seinem schönsten Erlebnis in Perugia befragt, überlegte der „Gesandte“ Karl-Heinz Wolf erst ein wenig. Dann sagte er, am tiefsten habe ihn beeindruckt, als eine Straßenband nach 22 Uhr eine süditalienische Tarantella aufspielte und alle plötzlich zu tanzen begannen. Alle, „nur der Bürgermeister nicht“. Das gibt nun freilich sehr zu denken.

Gerold Paul

Die Ausstellung ist bis 3.Februar im Alten Rathaus zu sehen. Der Il Ponte–Kalender 2008 mit Motiven aus Potsdam und Perugia von Ferruccio Ramadori und Karl-Heinz Wolf kostet 6 € und ist über Il Ponte (Tel. 0331–878797) zu beziehen.

Gerold Paul

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