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Kultur: Gaukler und Priester

Internationaler Orgelsommer mit Friedrich Meinel

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Internationaler Orgelsommer mit Friedrich Meinel Wer zeugt es? In welcher Umgebung wird es aufwachsen? Was bekommt es an Aussteuer mit auf den weiteren Lebensweg? Als Geburtshelfer, Taufpate und Erzieher hat Friedrich Meinel sein 1964 geborenes Kind gehegt und gepflegt. Wer, wenn nicht er, kennt dessen geheimste Wünsche und Vorlieben, Stärken und Schwächen am besten?! Die Rede ist von der Schuke-Orgel in der Erlöserkirche, deren 40-jähriger Geburtstag in der bevorstehenden Adventszeit gebührend gefeiert werden wird. Die Vorfreude darauf versüßt Friedrich Meinel den Musikfreunden mit seinem Auftritt beim Internationen Orgelsommer. Dafür stellt er ein Programm zusammen, das reichlich drei Jahrhunderte reizvollster Orgelmusikgeschichte aufblättert. Von klanglicher Strenge, Erhabenheit und kompositorischer Gradlinigkeit der norddeutschen Orgelschule künden eingangs Präludium und Fuge d-Moll von Dietrich Buxtehude (1637-1707). In eilender Bewegung, doch festen Schrittes eröffnet sich das Stück mit Sextakkordketten, denen unmittelbar die energisch angelegte Fuge folgt. Festlich, geradezu pompös findet es nach nur sechs Minuten seinen reizvollen Abschluss. Kaum weniger glanzvoll darf sich Jean Francois Dandrieu (1682-1738) mit seinem „Magnificat“ zu Wort melden. Es besteht aus kurzen und prägnant geformten Stücken, die ohne Umschweife zur Sache kommen und so dem liturgischen Anliegen dienen. Diskanthell tönt das Duo, gedeckt und zungenstimmenbestimmt das Trio. Spitzflöte kontra Trompete – das ergibt einen reizvollen Kontrast für „Basse de trompètte“, während in „Flutes“ selbige innig und mit Schwebung erklingen. Im finalen „Dialogue“ sind es scharfe Prinzipale und Mixturen, die für erhabene, herbe und strenge Klänge des vollen Orgelwerks sorgen. Sie bestimmen auch die Wiedergabe von Johann Sebastian Bachs „Fantasie und Fuge“ g-Moll BWV 542. Meinel spielt den Doppelpack durchweg im Forte, voller Intensität, kraftvollen Klarheit und Leidenschaft, ohne registratorische Experimente, unerbittlich im gleichmäßigen Metrum – ein Priester orgelmusikalischer Verkündigungen. Doch er kann auch unvermittelt in die Rolle des Gauklers schlüpfen. Das kapriziöse Thema der III. Sonate per l''Or-gano F-Dur von Carl Philipp Emanuel Bach stellt er mit leichter Hand vor. In den Verwandlungen und Verwicklungen bringt er es zu galanter Wirkung, dabei mit Echowirkungen und cembalistischen Effekten nicht sparend. Dem gleichfalls koketten Stück „Prélude et Fugue“ g-Moll op. 7 Nr. 3 von Marcel Dupré (1886-1971) schenkt Friedrich Meinel die Fingerfertigkeit eines Zauberkünstlers, der zunächst graziös tänzelnd, dann gravitätisch einherschreitend zu leidenschaftlichem Ausdruck und Ausbruch findet. Davon ist auch das Bekenntnis „Gott unter uns“ aus „Die Geburt des Herrn“ von Olivier Messiaen (1908-1992) erfüllt. Dessen dissonanzenreiche und akkordische Sequenzen, die schließlich in toccatische Bekräftigungen münden, gleichen einem sich unaufhörlich drehenden Kreisel. Klanglich erinnert das alles an einen spritzig-trockenen Weißwein. Indem er die Orgel romantisch „umfärbt“, kann Friedrich Meinel auch einen samtigen, süffigen, mit viel Körper versehenen Rotwein kredenzen: Felix Mendelssohn Bartholdys schlichte, weichgetönte und gedecktfarbig registrierte d-Moll-Sonate op. 65 Nr. 6. Vater und Kind zeigen sich von ihren besten Seiten, werden gehörig bedankt. Peter Buske

Peter Buske

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