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Kultur: Geballte, ungeschminkte Ladung

Die Band Fotos im Lindenpark

Stand:

Bitte alle mal recht freundlich lächeln! Ein kurzer Blitz zuckt und das perfekt einstudierte Lächeln ist für die Ewigkeit auf Fotopapier gebannt. Fotos sind schön, sie halten wichtige Momente unseres Lebens fest. Wenn man hier und da auch ein wenig tricksen kann und die Wahrheit durch geschicktes Posen zu verschönern versucht. Da wird schon manchmal nicht vorhandene Fröhlichkeit inszeniert und Unansehnliches überschminkt. Die Band Fotos halten uns ihre Lieder vor Augen, wie Fotos, nur mit einer geballten, ungeschminkten Ladung an Wahrheit und Ehrlichkeit, wie es am Freitag im Lindenpark zu erleben war.

Als man jedoch den großen Saal des Lindenparks betrat, fragte man sich kurzzeitig, ob das Konzert überhaupt stattfindet, so leer war es noch um 21 Uhr. Nur vereinzelt saßen die Fans auf der kleinen Tribüne herum und unterhielten sich entspannt. Von der Band war auch fünfzehn Minuten später nichts zu sehen. Dann, wie aus dem Nichts, dröhnte es von der unbeleuchteten Bühne. Die Vorband Vierkanttretlager verstand es sich zu inszenieren. Vollkommen kommentarlos und unangekündigt legten sie in einer ohrenbetäubenden Lautstärke los. Das Publikum ließ sich jedoch noch nicht ganz mitreißen von der energischen Band. Wie Fotos kommen auch Vierkanttretlager aus dem hohen Norden, von der Nordsee. Und durch das Akkordeon, das später zum Einsatz kam, klangen einige ihrer Stücke auch ein wenig wie Seemannslieder. Ihr letzter Song hieß dann passenderweise „Fotoalbum“ und kündigte die Hauptband an.

Als die vier Hamburger Jungs der Fotos auf die Bühne kamen, dachte man sogleich: sympathisch. Ein bisschen wie Schwiegermuttis Lieblinge. Sie spielten zum Auftakt Stücke von älteren Alben und vom neuen „Porzellan“. Am Anfang schafften sie es nur schwer die kleine Fangemeinde in Fahrt zu bringen. Das lag sicherlich auch an den teils ruhigen Liedern, die immer mit eindringlichen, intelligenten Texten gepaart sind. Scheinbar etwas unbefriedigt über die Zurückhaltung des Publikums, fragte der Sänger an einer Stelle: „Ey Potsdam, es ist Freitag Abend. Was ist da los?“. Danach war das Eis gebrochen. Wenn auch verhalten, aber alle wippten, tanzten, zuckten zu Liedern wie „Angst“, „Komm zurück“ und „Explodieren“.

Der Fankreis der Fotos ist vielleicht nicht groß, aber sie sind treue und dankbare Fans. Oft sieht man vereinzelt Personen mit geschlossenen Augen da stehen, verloren den Text mitsingend. Die Texte treffen offenbar immer an den richtigen Stellen, wie ehrliche Worte eines guten Freundes. Die Fotos machen intelligente Musik, die hauptsächlich Zwischenmenschliches thematisiert. Und die Jungs wirken dabei manchmal selbst so zerbrechlich wie Porzellan.

Das gesamte Konzert war sehr persönlich. Gegen Ende verließen zwei der vier Bandmitglieder die Bühne, um sich unter das Publikum zu mischen und ein Bier zu genießen. Die beiden Jungs auf der Bühne stimmten einen Chor an: „Komm zurück zu mir. Ich denk an dich, immer wieder.“ Es ist einer der erfolgreichsten Songs der Fotos. Und Band und Fans genossen den gemeinschaftlichen A-Cappella-Chor. Dann verließen auch die letzten beiden Bandmitglieder die Bühne und das Publikum sang allein: „Ich denk an dich, immer wieder. Ich denk an dich, immer wieder.“ Ungewöhnliche Aktion, aber wirkungsvoll. Denn nach einigen Minuten, in denen der Chorgesang nicht abbricht, stürmen die Jungs zurück auf die Bühne, um ein kraftvolles Ende darzubieten. Nach dem letzten Lied bedankte sich die Band noch höflich und fasste anerkennend zusammen: „Große Halle, nette Menschen.“ Josefine Schummeck

Josefine Schummeck

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