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Fett, fetter, Liedfett.

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Konzert im Waschhaus: Gefahrengebiete und Pferdeäpfel

Liedfett und Das Pack, zwei Bands aus Hamburg, spielten im Waschhaus.

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„Das erste Lied heißt ,Du bist Deutschland‘ und es geht um die Situation bei uns in Hamburg“, kündigten sich Liedfett am Dienstagabend im Waschhaus gleich selbst an. Ach ja, Hamburg, da war ja was. Getarnt als Liedermacher-Abend fand im Waschhaus der Tourauftakt der beiden Hamburger Zusammenschlüsse Liedfett und Das Pack statt, wobei Letztere zumindest im Waschhaus keine Unbekannten mehr sind. Mit dem klassischen Liedermachen und der Lagerfeuerromantik hatten beide Bands jedoch gar nichts mehr zu tun: Hier wurde ordentlich auf die Pauke gehauen.

Und das Thema Hamburg – die Polizei erklärt einen ganzen Stadtbereich zum Gefahrengebiet, wir erinnern uns – zog sich bei Liedfett wie ein roter Faden durch das Konzert. Spannend, wie das Tagespolitische Einzug in die Popkultur hält: Weit entfernt von plakativen, romantisch gefärbten Texten tobten sich Liedfett mit sprühender Ironie aus, politische Texte über Paranoia, die in ansprechende Songs verpackt wurden. „Wir sind unpolitisch, aber Sozialanthropologen“, war das Statement, wobei die Jungs nur zu gut wissen, dass eher das Gegenteil der Fall ist. Dabei brauchten Liedfett kein gigantisches Arsenal an Instrumenten: Ein Sänger, ein Gitarrist, ebenfalls mit Mikrofon, und die Percussion erledigte ein Cajón, das transportabelste Schlagzeug, das jemals erfunden wurde. Für den Jahresauftakt der Rubys-Tuesday-Reihe waren Liedfett eine wohltuende Überraschung. Das Herz am rechten Fleck, mit einnehmenden Augenzwinkern ausgestattet und musikalisch in Höchstform: Liedfett haben durchaus die Chance, das Hamburger Pendant zu den Berliner Ohrbooten zu werden.

Wo wir gerade bei Überraschungen sind: Das Pack um Sänger Pensen Paletti, langjähriges Mitglied bei den großartigen Monsters of Liedermaching, scheint sich jedes Mal neu zu erfinden. Dieses Mal hat sich Das Pack auf die Fahnen geschrieben, eine „grässliche Rockband“ zu sein. Aber nein, grässlich war das gar nicht. Eher schräg: Liedermachen? Das war eher eine Rammstein-Persiflage. Pensen hat sich für diese Tour keine Akustikgitarre, sondern eine schwarze Metal-Axt umgeschnallt, Schlagzeuger Timmey prügelte auf das Instrument ein. Ernst gemeinte Texte konnte man ja von Das Pack noch nie erwarten, aber mit wie viel Elan sich das Duo der Sinnlosigkeit verschrieb, war bemerkenswert – und ausgesprochen witzig. Wobei die Band über sich selbst am meisten lachen kann: Im Waschhaus einen Song zu spielen mit dem Refrain „Waschzwang! Waschzwang! Alle machen mit!“ – das war für die Hamburger Blödsinnpoeten selbst fast zu viel. Und die perfekte Gelegenheit für Das Pack, zu beweisen, dass niemand so wie sie Liedermacher durch den Kakao ziehen können.

Und irgendwie war das Ganze auch nur Kabarett. „Das nächste Lied heißt: „Mein Gesicht sieht aus wie eine zertretene Forelle“, kalauerte Pensen ins Publikum, in dem sich ganz viel Abiturienten befänden, das rieche er doch. Das Duo quasselte sich um Kopf und Kragen, das Publikum lag ihm zu Füßen und jubelte, dazu gab es eben einen Metalriff und den Refrain „Pferdeapfel. Kann ich noch ein ham“. Wer mehr Spaß an diesem geplanten Irrsinn hatte, war nicht mehr festzustellen: die Band oder das Publikum. Musikern wie Das Pack kann man einfach nur wünschen, dass sie niemals aus der Pubertät kommen. Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

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