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Kultur: Geheimnisvoll

Ragga Gröndal war die erste isländische Musikerin in der Reihe „the voice in concert“ im Nikolaisaal

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Gerührt bedankt sie sich beim Publikum für dessen Offenheit: Schließlich ist sie eine Künstlerin, die in Deutschland überhaupt noch nicht bekannt ist. In Island, ihrer Heimat, zählt Singer- und Songwriterin Ragga Gröndal trotz ihrer Jugend bereits zu den bekanntesten Musikern des Landes, begeistert dort aufgrund ihrer Grenzübertretung zwischen Tradition und Moderne und ist mehrfach für den isländischen Music Award nominiert worden. Am vergangenen Freitagabend nun sollte die talentierte Frau die erste isländische Musikerin in der Reihe „the voice in concert“ sein, und das Foyer des Nikolaisaal war bis auf den letzten Platz besetzt.

Alle wollen sich verzaubern lassen von dieser fremden, dunklen und märchenhaften Sprache und den Mythen dieses Landes, das durch Eis und Vulkane von sich reden macht und von Trollen und Hexen bevölkert scheint.

Doch erst einmal zeigt sich die Musikerin von ihrer modernen Seite. Gemeinsam mit ihren Bandkollegen Birgir Baldursson am Schlagzeug und Guomundur Pétursson an Gitarre und Bass lässt sie Stücke aus ihrem 2008 erschienenen Album „Bella and her black Coffee“ hören. Flüsternd, fast gehaucht und mit zerbrechlicher, puppenhafter Stimme singt sie von Kaffeehausstunden, dem Duft der Blumen oder ihren Katzen Bella und Bounci, deren Songs sie mit viel Empathie, beinahe katzenhaft interpretiert und eine junge Frau sehen lässt, die sich tief in die Musik begibt. Ihre Kompositionen wirken streckenweise wie die Hintergrundmusik eines Filmes – atmosphärisch, melancholisch, mit sanft trommelndem, monotonem Schlagzeug und dezent gespielten Gitarrenläufen.

Doch plötzlich zeigt sich eine völlig andere Ragga Gröndal. Mit einem dunklen, kraftvollen Blues und um vieles lauter und lebhafter überrascht sie ihr Publikum, das begeistert pfeift und voller Erwartung in den zweiten Teil des Abends geht, der der Tradition des isländischen Volksliedes gewidmet ist. Von der Moderatorin Sabine Korsukéwitz danach befragt, erzählt die Musikerin von einer Liedersammlung aus den zwanziger Jahren, die ihr Inspiration für das Album „Tregagás“ war. Das besondere an Ragga Gröndals Interpretation der isländischen Tradition ist hier ihre erfrischende Herangehensweise. Sie kombiniert die Percussions ihres Schlagzeugers mit dem Interesse ihres Gitarristen für das Keltische. Ihr Gastmusiker, Bruder Haukur, studierte die bulgarische Kultur und bringt mit seiner Klarinette den warmen und fröhlichen Ton des Balkans in die Musik. Ergebnis ist eine geheimnisvolle Mischung aus Melancholie, Atmosphäre und entspannter Fröhlichkeit, die durch die lebendige, sympatische, beim Singen überhaupt nicht schüchterne Ragga Gröndal für beinahe zwei Stunden etwas von der Mystik und Schönheit isländischer Tradition ins Foyer des Niklolaisaal Einzug halten lässt. Andrea Schneider

Andrea Schneider

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