zum Hauptinhalt

Kultur: Geistreich und stimmungsreich Blockflötensonaten von

Händel im Nikolaisaal

Stand:

„Ihre schönen italienischen Linien, ihre empfindsame Zartheit, ihre aristokratische Einfachheit sind für Geist und Gemüt gleich erquickend“, begeistert sich der Barockkenner Romain Rolland über Georg Friedrich Händels kammermusikalische Hinterlassenschaften, speziell die der Sonaten. Weiterhin lobt er ihren „persönlichen Charme“, erblickt in ihnen eine „von Poesie erfüllte Zufluchtsstätte“. Was sich auch über sechs Sonaten für Blockflöte und Cembalo sagen lässt, mit denen die „Stunde der Musik“ im Nikolaisaal-Foyer an des Komponisten diesjährigen 250. Todestag erinnerte.

Blockflötist Sven Schwannberger als auch Cembalist Thomas Leininger verstehen nicht nur ihr Handwerkszeug vorzüglich, sondern wissen auch um die Erfordernisse der historischen Musizierpraxis. Ihr bestens aufeinander abgestimmtes Spiel verbreitet auf anspringende Weise die schönste barocke Lebensfreude, obwohl ihr Mienen- und Körperspiel eher einer gewissen kühl-abweisenden Vornehmheit huldigt.

Alle Sonaten, suitenartig angelegt, beginnen mit einem „Prelude“, dass Thomas Leininger auf der Neupertschen Stilkopie eines französischen Blanchet-Instruments von 1737 als ein mit den rauschendsten Läufen ausgeziertes Entree gestaltet. Das macht, ganz im Sinne des Komponisten, neugierig auf’s Kommende. Solche brillanten Klangkaskaden münden nahtlos in die nachfolgenden, zumeist langsamen Sätze wie Grave, Larghetto, Largo. Auch überrascht immer wieder, mit welchem Improvisationsgeschick er Sätze miteinander verzahnt, so dass der Eindruck einer fortlaufenden Entwicklung, eines Klangganzen entsteht. Auf dem zweimanualigen Neupert-Nachbau, sozusagen dem Steinway unter den Cembali, lässt sich klar, kraft- und klangvoll tastatieren. Meistens so intensiv, dass – wie in der einleitenden F-Dur-Sonate – die verwendete Altblockflöte ziemlich alt aussieht und Mühe hat, mit ihrem gedeckten, farbenreichen, von feinsten dynamischen Nuancierungen bestimmten Klang vernehmbar zu bleiben. Erst in späteren Stücken stellt sich die erforderliche Balance ein. Deutlich artikuliert, durchsichtig, erfrischend lebendig und feinsinnig phrasiert ist beider Spiel. Und auch der Blockflötist verwendet für sein geist- und stimmungsreiches Spiel Nachbauten historischer Vorlagen, die von Guido M. Klemisch angefertigt worden sind. Er sitzt im Publikum und scheint mit den klanglichen Ergebnissen seiner Produkte sichtlich zufrieden. Vor allem die sogenannte Voice-Flute nach Peter Bressan, die einzig in der d-Moll-Sonate Verwendung findet, nimmt es mit dem strahlenden, metallischen Klang des Cembalo auf. Die vielen Sätze erweisen sich durchweg als kurze und unterhaltsame Tanzstücklein. Was man aus diesen virtuosen Köstlichkeiten auf dem unzweifelhaft perfekten Hausmusikinstrument alles herausspielen kann!

Zwischendurch entfacht der Cembalist solistisch ein weiteres Tastenfeuerwerk. In der Sarabande der d-Moll-Suite erzeugt er per Lautenzug auf dem zweiten Manual tatsächlich dem Zupfinstrument ähnliche Klänge. Und auch das „Grobschmiedvariationen“ genannte Air con variazioni aus der E-Dur-Suite tastatiert Thomas Leininger mit einer Fingerhaltung, als ob eine Putzergarnele in unentwegter Gliedmaßenbewegung ihr Gelände abweiden würde. Sehr effektvoll.Peter Buske

Peter Buske

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })