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Kultur: Gelehrt und galant

Das österreichische Ensemble Ars Antiqua ließ den Türken marschieren

Stand:

Mächtig krachen die Geschütze in Haydns Militärsinfonie op. 100. Sogar noch in der kleinen Besetzung des österreichischen Ensembles Ars Antiqua klingt das Finale „alla turca“ im Raffaelsaal der Orangerie von Sanssouci gar nicht friedlich, sondern ziemlich martialisch. Dass es sich dabei nach einer Wendung von Nikolaus Harnoncourt eigentlich um eine „Anti-Militär-Sinfonie“ handeln soll, will einem nicht so recht einleuchten. Eher scheint Haydn nachträglich den Sieg über die Türken zu feiern, der gerade erst 100 Jahre zurücklag.

Die Johann Josef Fux zugeschriebene Sinfonia a 3 ex C bezeugt ganz direkt mit den Sätzen „Turcaria“, „Janitschara“ und „Posta turcica“ welchen Eindruck der kulturelle Clash in der Musik hinterlassen hat. Der Gründer und Primarius von Ars Antiqua, Gunar Letzbor, und seine sechs Mitstreiter lassen Schellen rasseln und die Pauke trommeln, doch die im Verhältnis zu Haydn noch recht starre musikalische Struktur gibt nicht viel her.

Vom Kriegsfeld geht es in den Salon mit zwei possierlichen Solowerken für Cembalo, die Norbert Zeilberger virtuos und behände intoniert. Dass darin zwei bekannte österreichische Volkslieder verarbeitet werden, zeigt, wie nahe die Komponisten am Klang ihres Lebensraumes waren. Kurios und spaßig klingt es, wenn Haydn aus dem Lied „Acht Sauschneider müssen sein“ ein Capriccio in acht Variationen nach allen Regeln des Kontrapunkts komponiert. Auch in seiner „Galanterie-Fuge“ über „Der Lipp und der Lenz“ verband J. G. Albrechtsberger die gelehrten Regeln der Kunst mit schlichtem humorvollen Volksliedton. Doch so richtig musikantisch und exotisch wurde es bei diesem recht heterogenen Konzert erst nach der Pause.

Ein Solo auf der kleinen Hirtenflöte namens Koncovka eröffnet eine Suite von ungarischen Tänzen aus dem 18. Jahrhundert, die erst 1941 in einem Kloster gefunden wurden. Es sind mitreißende Melodien, welche aufgrund nicht vorhandener weiterer Stimmen von den Musikern von Ars Antiqua hinreißend neu interpretiert werden. Als Star des Abends erweist sich Jan Krigovsky, ein junger Vollblutmusiker aus einem slowakischen Dorf, der an Violone, Violine, Hirtenflöten und beim Gesang brilliert. Ihm zur Seite sitzt die liebreizende Martina Krigovská, eine begnadete Spielerin auf dem Zymbalon und eine großartige Sängerin noch dazu. Mit wunderschönen, eindringlichen Volksliedern aus der Slowakei erobern sie die Herzen der Zuhörer im Nu. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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