Kultur: Gelesen im duftenden Rosen-Reich Beliebte URANIA-Reihe
diesmal in Grube
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diesmal in Grube Kurz vor Potsdams neuem Ortsteil Grube führt ein Weg, an einem stillen Teiche vorbei, zum Anwesen der Familie Weichbrodt. Linkerhand ein sehr gepflegtes Gehöft im Geviert mit schönem Bewuchs überall, rechts ein weitläufiges Feld, von zwei majestätischen Birken in der Ferne begrenzt. Der Acker Frank Weichbrodts nährt Rosen verschiedenster Züchtungen, die jetzt neben himmelblauem Rittersporn ihre Blüte haben. Linkerhand aber öffnet ein Bogen üppig wuchernder Weißblüher den Weg in den Privatgarten seiner Schwester Sabine. Sie hat sich auf die Züchtung englischer Duftrosen spezialisiert, welche nach einer Zeit der „Geruchlosigkeit“ jetzt gerade wieder „in“ sind. Ihr Garten ist nicht eben groß, aber weitläufig genug, nach dem verregneten Freitag auch am Sonnabend die vielen Gäste der beliebten URANIA-Veranstaltung „Im Garten vorgelesen“ zu beherbergen. Unter einer jungen Katalpe, im Duft einer beinahe narkotisierenden Blütenpracht, genoss das Publikum einen so schönen wie stilvollen „englischen Abend“. Klaus Büstrin las zwei Märchen von Oskar Wilde, jenes tieftraurige von Nachtigall und Rose, und ein zweites, worin ein selbstsüchtiger Riese durch die Macht des Christuskindes dazu gebracht wird, seinen Garten den spielenden Kindern zu schenken. Wie Duft die Tugend der Rose, so scheinen Liebe, Kunst und Tod einander unauflöslich vermählt. Die Potsdamer Autorin Christa Hasselhorst stellte zwei Kapitel ihres Buches „Meister der Gartenkunst“ vor, einen Exkurs durch 500 Jahre europäischer Geschichte als Versuch, entweder den Garten Eden zu gestalten oder die Natur zu bessern, wie es „die sanfte Rebellin“ Gertrude Jekyll (1843-1932) und Lancelot Brown (1716 -1783) als „Meister der großen Form“ auf dem britannischen Eilande taten. Sehr informativ, sehr flüssig, sehr schön. Weniger insular, dafür um so eindrucksvoller war die ausgewählte Musik: Cello (Karin Liersch) und Oboe (Peter Michel) sind stets ein Paar der tiefen Nachdenklichkeit, des romantischen Schmerzes, der zährenden Sehnsucht. Das paßte fast schmerzhaft in Wildes poetische Geschichten, in den betäubenden Duft der blühenden Rosen dieses wie verzaubert erscheinenden Gartens, darin sich Rose und Apfelbaum harmonisch umschmiegen, auch das ist englischer Stil. Man spielte kurze Parts von Schubert, Flotow, Beethoven, Leonhard von Call, und Johann Gottlieb Naumann, alles in jenem Ton, von dem man nie ganz genau weiß, wieviel Trauer und welche Freude sich darin vermischen. Jeder Garten ist wohl ein Kunststück wider die Natur, Rosengärten aber besonders. Hoch flogen die jagenden Schwalben bei aufziehendem Halbmond, Frösche mischten sich erdwärts ins Konzert dieses Abends aus Düften und Harmonie, und für alle gab es zum Dank, na klar, die Duftigsten aus Weichbrodt''s lieblichen Gärten. Gerold Paul Die nächste Veranstaltung von „Im Garten vorgelesen“ findet am 8. Juli um 19.30 Uhr im Garten der Familie Fleming, Bornstedt, Eichenallee, statt. Dagmar von Gersdorff liest aus ihrem Buch über Marianne von Willemer und Goethe. Informationen über URANIA 0331/ 291741.
Gerold Paul
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