Kultur: Gepflegtes Vergnügen
Unterhaltsame Klänge bei der Eröffnung der „Sommermusiken“ in der Friedenskirche
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Unterhaltsame Klänge bei der Eröffnung der „Sommermusiken“ in der Friedenskirche Die Gestrengen Herren Mamertus, Pankratius und Servatius, auch Eisheilige genannt, müssen Musikfreunde sein. Wie anders ist es sonst zu erklären, dass sie – mit Regenschauern und tiefen Temperaturen im Reisegepäck – zur Eröffnung der Sommermusiken der Friedenskirche in der Landeshauptstadt erschienen? Dafür entschädigte das Programm, das die Beziehung eines komponierenden Patenonkels (Georg Philipp Telemann) zu seinem komponierenden Patenkind (Carl Philipp Emanuel Bach) zu reflektieren sucht. In schöner Regelmäßigkeit wechselten sich die Werke des einen mit dem anderen ab. Ihre durchweg unterhaltsamen Klänge meiden die äußerlichen Effekte, verbreiten gepflegtes Vergnügen und heitere Empfindungen. Aufregend oder denkanstößig sind sie nicht. Das Ensemble „Die kleine Cammer-Music“, eine Vereinigung spielversierter Musiker aus der Alte-Musik-Szene, beherrscht die barocke Spielmanier bis hin zu den Nachstimmarbeiten ganz vortrefflich. Wolfgang Hasleder (Barockvioline) und Kathrin Sutor (Barockcello) kommen gänzlich ohne Vibrato aus. Auch Benedek Csalog (Traversflöte) und Beni Araki (Cembalo) haben die entsprechende Fachliteratur der Altvorderen mit heißem Bemühen studiert und wissen so über die Erfordernisse zur Beherrschung ihrer Instrumente bestens Bescheid. Dynamisch gestatten sich die Vier keine Ausreißer. Sie setzen durchweg auf ein lebendiges Ensemblespiel. Virtuose Spielfreude zeichnet die Ecksätze von Telemanns Concerto secondo D-Dur aus, während in dem getragenen Affettuoso-Satz die Flute traversiere mit lieblichen Tönen angenehm in die Ohren fällt. An anmutigen Manieren mangelt es ihr auch nicht in der Premiere Suite e-Moll, wo sie nach ebenmäßig strömendem Atem verlangt. Die einzelnen Tanzsätze wie Rigaudon, Menuett oder Gigue erhalten die ihnen gemäße Prägung. Ausschließlich Amüsement verbreitet das Quartett e-Moll, dessen Notenmaterial einfallsreich und reizvoll verarbeitet ist. Dabei klingt das Dolce des dritten Satzes wirklich süß. Wie süß! Doch hätte man all die hübschen, einander ähnlichen Piecen nicht abwechslungsreicher gestalten und spannungsvoller spielen können? Sie werden allesamt von allen im Sitzen musiziert, während die Stücke des Bachsohnes vom Flötisten und Geiger stehend exekutiert werden. In der Spielmanier gibt es solche gravierenden Unterschiede nicht. Zeigt sich Telemann an diesem sonntäglichen Nachmittag ganz von seiner gefälligen Seite, so sucht Carl Philipp Emanuel Bach in seinen Triosonaten nach tiefgründigerem Ausdruck, wovon beispielsweise das Adagio aus der h-Moll-Sonate Wq 143 kündet. Überraschend, wie plötzlich die Instrumente einen Farbenreichtum entfalten, den es zuvor nicht zu entdecken gab. Ist es in diesem Stück ein gedeckter, von der Geige figurativ umspielter Flötenklang, so überrascht in der G-Dur-Sonate Wq 144 die Geige mit herben Adagio-Tönen. Auch den Gestrengen Herren, die ihr Reisegepäck einfach vergaßen und zurückließen, gefiel solches Musizieren sichtlich.Peter Buske
Peter Buske
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