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Kultur: „Gesang oder Gitarre? Das war für mich nie eine Entscheidung“

Torsten Goods verbindet Jazz und Pop auf erfrischend leichte Art und Weise – Morgen ist er in der Reihe „The Voice in Concert“ zu erleben

Herr Goods, was war es zuerst bei Ihnen, der Gesang oder die Gitarre?

Ganz ehrlich, aber nur unter uns, es war der Gesang. Als kleiner Junge habe ich in der Folkband meiner Eltern mitgesungen. 70er Jahre-Sachen wie Simon & Garfunkel und Irish-Folk.

Irish-Folk ist ja auch eine Art Familientradition bei Ihnen.

Ja, meine Mutter stammt aus Nordirland und wir waren jeden Sommer da und haben die Familie besucht. Daher kenne ich das alles sehr gut.

Und wann kam dann bei Ihnen die Gitarre hinzu?

Mit 14 habe ich die Gitarre entdeckt und viel geübt. Aber auch damals schon habe ich in meiner Band gleichzeitig gesungen und Gitarre gespielt.

War da von Anfang an bei Ihnen die Begeisterung für den Jazz?

Nein, da war wie bei so vielen Teenagern zuerst einmal die Rockgitarre, sogar Heavy Metal. Was damals so angesagt war, wie Metallica und Guns N’ Roses. Und mit 16 habe ich in meiner Heimatstadt Erlangen dann den Jazzgitarristen Peter O’Mara bei einer Session live erlebt. Das hat mich sehr beeindruckt und auch sportlich motiviert.

Was hat Sie so beeindruckt?

Die Improvisationen, die im Jazz einfach vielfältiger sind. Man kann über ein paar Akkorde simpel aber auch anspruchsvoll spielen. Das bedeutet aber nicht, dass ich jetzt nur Fan von ganz komplizierten Sachen bin. Ich mag es auch sehr wie B.B. King spielt, ganz einfacher Blues.

Aber Sie haben sich dann nicht kompromisslos allein für die Gitarre entschieden, sondern gleichzeitig auch für den Gesang?

Das war für mich nie eine Entscheidung, denn ich habe auch immer gern Sänger gehört. In allen anderen Musikrichtungen, außer noch der Klassik, ist es selbstverständlich, beides zu machen. Im Blues würde man eine solche Frage erst gar nicht stellen, denn da ist man ist ja nie wirklich ein Bluesgitarrist, wenn man nicht auch singt. Dass es im Jazz noch so unüblich ist, liegt vielleicht daran, dass ein Django Reinhardt oder Wes Montgomery nicht gesungen haben. Aber ein George Benson, Robben Ford oder John Pizzarelli machen es auch.

Ihr Werdegang liest sich beachtlich. Sie haben bei Jim Hall, John Scofiel und Birelli Lagrene gelernt. Mit gerade 20 bei Jardis, dem Label für Jazzgitarre in Deutschland, Ihr Debüt „Manhattan Walls“ herausgebracht. In Nürnberg haben Sie beim bekannten Jazzgitarristen Helmut Kagerer studiert und waren 2005 einzige Semifinalist aus Europa in der „Thelonious Monk Jazz Guitar Competition“ in Washington.

Das war mehr ein Zufall. Ein befreundeter Gitarrist hatte mir erzählt, dass er sich für diesen Wettbewerb, der nur alle zehn Jahre für Gitarre stattfindet, beworben hat. Er meinte dann noch, dass er nicht glaube, da überhaupt eine Chance zu haben.

Aber Sie haben sich Chancen ausgerechnet?

Nein, ich bin auch davon ausgegangen, dass ich da keine Chancen habe, habe mich aber trotzdem beworben. Dann bekam ich einen Anruf aus Washington: Du bist eingeladen. Einer von zehn, der einzige aus Europa. Wir zahlen den Flug und das Hotel.

Solche Anrufe bekommt wohl jeder gern.

Ja, und dann kam ich ins Hotel und da saßen schon George Benson und Pat Martino an der Bar. Ich war total baff. Das war eines der größten Erlebnisse in meinem Leben. Allein abends an der Bar zu sitzen und Russell Malone, John Pizzarelli, Wayne Shorter und und und. Aber das Beste waren noch immer die Gespräche zwischen George Benson und Pat Martino über die 1960er Jahre und wie sie sich da mit Wes Montgomery und Grant Green getroffen und über Gitarren geredet haben.

Da kommen dem Jazzgitarrenliebhaber schon allein nur beim Zuhören die Tränen vor Neid.

Das waren ja auch die Originale, die Großen aus der stilistischen Ära des Bebop.

Trotzdem haben Sie sich nicht, nennen wir es so, der reinen Jazzlehre, also allein der Beschränkung auf die Standards aus dem „Great American Songbook“ verschrieben.

Es gibt verschiedene Arten von Musikern. Manche haben ihren festen Stil und bringen jedes Jahr wie Oscar Peterson oder Joe Pass ein Album nur mit Standards heraus. Dann gibt es Leute wie Chick Corea oder Herbie Hancock, die mal mit einer Elektroband spielen, dann ein HipHop-Album herausbringen und dann eines mit einem Sinfonieorchester. Das finde ich spannend. Ich gebe viele Konzerte im Jahr als Gastsolist, in denen ich nur Standards spiele. Wenn ich dann mit meiner Band arbeite, komme ich dazu, eigene Sachen zu machen, auch andere Einflüsse auszuleben. So war das auch bei meinem letzten Album „1980“, wo ich zu den Sachen zurückgegangen bin, die ich als Teenager gehört habe.

Da fiel aber nicht die Entscheidung für Metallica oder Guns N'' Roses, sondern für Toto, Billy Joel und sogar Queen.

Queen war meine erste Lieblingsband überhaupt. Die habe ich schon mit acht Jahren gehört. Die waren zwar experimentell, trotzdem eingängig. Aber um ehrlich zu sein, es gibt kaum Lieder von Queen, aus denen man eine Jazzversion machen kann, weil die so rockig oder symphonisch sind.

Aber aus „Crazy Little Thing Called Love“ haben Sie dann einen wunderbaren Jazzsong gemacht.

Das hat sich aber auch förmlich angeboten. Hinzu kommt, dass dieser Titel bekannt ist und es mir gefällt, wenn Leute ein Lied wiedererkennen. Insgesamt sind von 12 Liedern auf „1980“ vier Coverversionen. Die sind dann auch ein guter Zugang zu den acht Eigenkompositionen, die für den Hörer ja schließlich noch fremd sind.

Und vielleicht auch für jemanden ein Zugang zum faszinierenden Kosmos Jazz, für den diese Musik bisher nur ein schwer zu ertragendes, atonales Geklimper war?

Wenn mir das gelingt: Perfekt!

Das Gespräch führte Dirk Becker

Torsten Goods & Band sind am morgigen Samstag, 20.30 Uhr, in der Reihe The Voice in Concert im Nikolaisaal, Wilhelm-Staab-Str. 10/11 zu erleben. Karten für 15 Euro an der Abendkasse oder unter Tel.: (0331) 28 888 28

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