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Zuerst sollte es ein Roman sein, dann entschied sie sich für Geschichten. Die Autorin Mara Stadick.

©  Andreas Klaer

Kultur: Geschichten vom Miteinander

Mara Stadick stellt in Potsdam ihren Erzählband „Was wir nicht sehen“ vor

Von Sarah Kugler

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Treffen in völliger Dunkelheit, mysteriöse Briefe einer Unbekannten, sinnliche Erfahrungen in völliger Stille. Drei Erzählungen, die von menschlicher Interaktion zwischen quasi fremden Menschen erzählen. Menschen, die ihren ersten Kontakt über das geschriebene Wort suchen und dann zu außergewöhnlichen Mitteln greifen, um den Moment des ersten Zaubers, die Flamme der ersten Leidenschaft aufrechtzuerhalten. Die Autorin Mara Stadick erzählt in ihrem ersten Erzählband „Was wir nicht sehen“ von drei verschiedenen Begegnungen zwischen Mann und Frau, die sich der Frage stellen, wie nahe sich zwei Personen jenseits des Alltags kommen können und möchten. „Mich hat schon immer fasziniert, wie Menschen kommunizieren, wie sie sich begegnen, wie sie sich finden“, sagt Mara Stadick über die Themenwahl ihres Erzählbandes. „Vielen gelingt das nicht so einfach und dann liegt es irgendwie nahe, sich mit Fremden zu treffen.“ Am morgigen Donnerstag stellt Mara Stadick ihre Erzählungen in Potsdam vor.

Die gebürtige Stuttgarterin ist viel in Deutschland herumgekommen. Sie hat an der Freien Universität Berlin Neuere sowie Ältere Deutsche Literatur, Psychologie und Editionswissenschaften studiert. Bevor sie mit dem Studium anfing, hat sie in Werbeagenturen gearbeitet. Eine Arbeit, die sie zwar nicht erfüllt, die ihr aber dennoch viel gegeben hat. „In dieser Zeit habe ich viel über Kommunikation, Sprache und selbstständiges Arbeiten gelernt“, so die Autorin. „Das hilft mir heute immer noch.“ Inzwischen lebt Mara Stadick in Caputh und widmet sich seit dem Abschluss ihres Studiums ernsthaft dem Schreiben.

Die Ideen für ihre Texte holt sie von überall her. „Da war zum Beispiel einmal dieser Mann auf einem Potsdamer Balkon“, erzählt sie. „Der lief aufgeregt hin und her und telefonierte sehr heftig gestikulierend. Ich habe mich gefragt, was wohl dahintersteckt, und daraus entstand dann die Ausgangsszene für die zweite Erzählung in meinem Buch.“ Beim Schreiben geht Mara Stadick sehr strukturiert vor. Bevor sie mit eine Text beginnt, baut sie sich ein Gerüst, das ihr zeigt, wo die Geschichte einmal hingehen soll und welche Figuren wie mitspielen werden. „Natürlich passiert es dann trotzdem, dass alles anders wird“, räumt sie lachend ein. „Die Texte entwickeln oft ein Eigenleben und bekommen dann eine andere Dynamik als ursprünglich geplant.“ Um zu testen, ob eine Geschichte gelungen ist, liest die Autorin sie immer wieder laut für sich selbst oder vor Freunden. „Für mich ist der Rhythmus der Texte sehr wichtig“, sagt sie. „Außerdem liebe ich es, meine Geschichten bei Lesungen in Szene zu setzen.“ So wird sie unter anderem in einem Berliner Dunkelrestaurant lesen oder lässt die männliche Stimme ihrer Erzählungen quasi aus dem Laptop erschallen, während der Sprecher hinter einem Wandschirm sitzt.

Eigentlich wollte Mara Stadick einen Roman veröffentlichen, doch dann hatte sie den Drang, schon mit ihren Erzählungen nach außen zu treten. Während eines Vorleseabends in Caputh entstand der Kontakt zum Caputher Tauber-Verlag, bei dem ihr Erzählband dann erschienen ist. Umso intensiver widmet sie sich nun ihrem Roman, der im Milieu einer ländlichen Gemeinschaft spielt und das Aufeinandertreffen verschiedener Welten beschreibt. „Ich habe für den Text sehr viel recherchiert“, so Mara Stadick. „Habe mit Menschen aus Kommunen über ihre Art zu leben gesprochen und dort auch einige Zeit verbracht, um das Lebensgefühl kennenzulernen.“

Das zentrale Thema ist auch hier, wie bei fast all ihren Texten, das Zusammenleben von Menschen. Dabei beschäftigten sie vor allem die Möglichkeiten des harmonischen Miteinanders, aber auch die Gründe für immer schneller zerbrechende Beziehungen und immer stärker verbreitete Einsamkeit. Es ist die Welt im Kleinen, die sie interessiert. In den Erzählungen von „Was wir nicht sehen“ geht es auch darum, die Schranken der Kategorisierung aufzubrechen und Wünschen und Fantasien freien Lauf zu lassen – auch auf sexueller Ebene. „Ich finde es sehr interessant, auszuprobieren, was passieren könnte, wenn Menschen sich zum Beispiel körperlich nahekommen, ohne miteinander zu sprechen“, sagt sie. „Dadurch wird eine ganz andere, ungestörtere Nähe hergestellt und es ergeben sich neue Möglichkeiten.“ Sie räumt aber auch ein, dass solche Begegnungen immer nur ein Moment sein können, im alltäglichen Leben könne das auf Dauer nicht funktionieren. Dennoch kann man sich sich in diese gedanklichen Experimente der vorteilsfreien, offenen Begegnung wunderbar hineindenken - in dem beruhigenden Wissen, dass man in seiner Suche nach Nähe nicht allein ist.

Mara Stadick liest aus „Was wir nicht sehen“ am morgigen Donnerstag um 20 Uhr im Café „11-Line“ in der Charlottenstraße 119 und am 7. Dezember im Kunsthaus „sans titre“ in der Französischen Straße 1. Der Erzählband „Was wir nicht sehen“ ist im Tauber-Verlag erschienen und kostet 12,90 Euro

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