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Potsdam und Ungebung auf einer Landkarte der Mittelmark (Ausschnitt).

© Repro

Kultur in Potsdam: Gestochen scharf durchs Kurfürstentum

15 historische Landkarten als Faksimiles aus dem Atlas „Schauplatz der Fünf Theile der Welt“

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Mit einem Klick in Hamburg, mit einem Klick in London, mit einem Klick in Sidney. Zumindest virtuell liegt die ganze Welt zum Greifen nahe. Ob Karte oder Satellitenbild, mit einer kleinen Bewegung der Maus sind Rundflüge über den Internetglobus keine Seltenheit mehr. Passend zur Schnelllebigkeit der modernen Gesellschaft sind das Internet und Navigationsgeräte die wohl am häufigsten befragten Medien, wenn es um Fragen der Kartografie geht. Selten erblickt man noch einen Reisenden, der anhand einer Karte den Straßendschungel von Stadt und Land durchstreift.

Zum Durchwandern der Mark Brandenburg eignen sich die über 200 Jahre alten Karten der Sammlung „Schauplatz der Fünf Theile der Welt“ zwar nicht unbedingt, ihr Informationsgehalt ist jedoch ungebrochen. Am gestrigen Mittwoch stellte das Brandenburgische Landeshauptarchiv die Resultate seiner Zusammenarbeit mit der Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg vor: Faksimiles von 15 handgezeichneten Originalkarten aus dem Atlas „Schauplatz der Fünf Theile der Welt“ von Franz Johann Josepf von Reilly. 15 Kartenblätter, die ein wichtiges Stück Kulturgut der Öffentlichkeit zugänglich machen und ihr einen Einblick in das Leben des 17. und 18. Jahrhunderts gewähren.

Passend zum Jubiläum Friedrich 300 hat das Brandenburgische Landeshauptarchiv in diesem Jahr sein Hauptaugenmerk auf das 17. und 18. Jahrhundert gerichtet. Obwohl Friedrich II. kein Freund von Karten gewesen sei, so Udo Gentzen vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv. Der König habe Sorge gehabt, dass Karten seinen Feinden zu viel über die geografischen Gegebenheiten verraten könnten und ihn somit leichter angreifbar machen würden. Für verwaltungstechnische Aufgaben waren Karten jedoch unerlässlich.

Zwischen 1789 und 1806 erschien F. J. J. Reillys ursprünglich auf drei Bände angelegter Atlas „Schauplatz der Fünf Theile der Welt“. Reilly, selber Kartograf, Schriftsteller und Verleger,, griff dabei auf Karten verschiedenster Kartografen zurück. Allein Europa umfasste 830 Blätter. Unter ihnen auch die 15 jetzt als Faksimiles veröffentlichten Karten des Brandenburgischen Landeshauptarchivs. Neben einer Gesamtkarte der Mark Brandenburg sind auch alle Teile des Kurfürstentums zu finden, so die Gegend um Potsdam und Berlin, die Uckermark, Prignitz, Mittelmark, Alt- und Neumark. „Die hervorragende Reproduktion ist den modernen technischen Möglichkeiten geschuldet“, sagte Oliver Flint von der Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg, „diese Qualität wäre vor 20 Jahren noch nicht möglich gewesen“. Gestochen scharf sind die Kopien und fast nicht von den Orginalen zu unterscheiden. Allein dem kleinen Maßstab ist es geschuldet, dass nicht alle Details genau zu erkennen sind. Tritt man jedoch den Versuch an, die historische Karte mit der geografischen Realität von heute zu vergleichen, sind die Veränderungen selbst vom Laien auszumachen.

So kann eine Karte durchaus mehr sein als ein Netz aus Straßen, Gewässern und Wäldern. In den Tiefen historischer Karten ist eine Vielzahl an Informationen enthalten. Eingezeichnete Hämmer stehen bespielsweise für Industriestandorte. Als wertvolle historische Quelle geben sie Aufschluss über geografische, politische, wirtschaftliche und soziale Verhältnisse und bezeugen historische Entwicklungen. Phänomene, die in literarischen Überlieferungen nur schwer verständlich zu machen sind, können in der Kartografie über Jahrhunderte hinweg erhalten bleiben. Doch nicht nur für Geschichtsinteressierte bieten historische Karten eine wahre Fülle an Informationen. Auch für Kunstinteressierte kann eine solche Karte zum Hochgenuss werden. Besonders das 18. Jahrhundert war geprägt von künstlerisch hochwertigen Arbeiten in der Kartografie. Handkolorierte Titelkartuschen lassen selbst die an Orts-, Fluss-, und Städtenamen überladendste Karte zu einem wahren Kunstwerk avancieren. So ist selbst im modernen Zeitalter von Navigationsgeräten und Co. der Blick in die Karte, und sei es eine, die schon eine ganze Weile nicht mehr aktuell ist, durchaus noch spannend. Chantal Willers

Alle Faksimiledrucke können bei der LGB erworben werden. Die großformatigen Einzelblätter kosten je 12 Euro, der Atlas mit 15 DIN A3-Karten und Erläuterungsheft 30 Euro. Erhältlich unter Email vertrieb@geobasis-bb.de

Chantal Willers

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