Kultur: Getanztes Rotkäppchen
Am Sonntag hat das Kinderballett im Nikolaisaal Premiere
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Schon 1812, als „Rotkäppchen und der böse Wolf“ im ersten Band der Grimmschen Kinder- und Hausmärchen erschien, faszinierte und gruselte die Geschichte nicht nur kleine Leser. Die eindringliche Warnung, nicht vom rechten Wege abzukommen, wurde von Kindern wörtlich und von Erwachsenen im übertragenen Sinne verstanden und ist bis zum heutigen Tage nicht in Vergessenheit geraten.
Dennoch sollten bald 200 Jahre ins Land gehen, bis jemand auf die Idee kam, das Märchen als Ballett auf die Bühne zu bringen. Es war die Potsdamer Kammerakademie, die den Komponisten Gisbert Näther 2004 damit beauftragte, das Märchen für ein Orchester zu vertonen. Choreografin Marita Erxleben setzte dann die Musik in ein Kinderballett um.
Nach anderthalb Jahren Vorbereitungszeit findet nun an diesem Sonntag die Premiere statt: Die Musiker der Potsdamer Kammerakademie spielen das einstündige Werk, während rund 70 Kinder und Jugendliche das Märchen auf tänzerische Weise erzählen: „Unsere Jüngsten sind erst fünf bis sieben Jahre alt. Sie sind die Bienen und Igel im Märchenwald und tragen hinreißende Kostüme“, erzählt Marita Erxleben, die seit Oktober einmal wöchentlich mit den Kindern geprobt hat.
Die Hauptrollen haben jedoch erwachsene Profitänzer übernommen. So wird das Rotkäppchen von der 25-jährigen Ellen Lehmann verkörpert. „Ellen ist aber nur etwa 1,50 Meter groß und sieht noch sehr jung aus. Dadurch können sich die Kinder gut mit ihr identifizieren“, sagt Erxleben. Den gefräßigen Wolf tanzt Lukas Simon, Mutter und Großmutter werden von Nadine Rosemann gespielt.
Nicht nur für den Dirigenten der Kammerakademie, Roland Kluttig, war die Arbeit mit den Kindern eine neue Erfahrung. Viele Orchestermusiker hätten anfangs bezweifelt, dass es möglich sei, mit einer Schar lebhafter Kinder so etwas auf die Beine zu stellen. „Sie hatten die Befürchtung, dass die Kinder zu schnell oder zu langsam tanzen könnten. Aber ich habe sie beruhigt, denn die Kinder hören sehr gut auf die Musik. Viele können zwar den Takt noch nicht mitzählen, aber sie wissen: Wenn die Trompete kommt, dann hocken wir uns alle hin“, sagt Erxleben. Inzwischen seien auch die Zweifler von dem Resultat begeistert, versichert die Choreografin.
Die Premiere am Sonntag ist schon seit Tagen restlos ausverkauft, aber die Wiederaufnahme des Balletts in der kommenden Saison sei fest geplant, sagt Sandra Huckenbeck von der Kammerakademie. Juliane Schoenherr
Juliane Schoenherr
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