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Kultur: Glaube oder Wissen

Arche: Ist Glaube mehr als ein religiöses Gefühl?

Arche: Ist Glaube mehr als ein religiöses Gefühl? Hat Paulus eigentlich gewusst, was er glaubte und geglaubt, was er wusste? Was dem Normalsterblichen wie ein Witz vorkommen muss, ist seit Zeiten ernsthafter Gegenstand der Philosophie. Seit mindestens 1000 Jahren bekommt die Creme der denkenden Zunft Glauben und Wissen nicht mehr zusammen, bis hin zur „Postmoderne“, die man sonst Gegenwart nennt. Schuld daran ist, was Kant die „Dialektik des Scheins“ genannt hat, der Geist des Widerspruchs, der Zweifel. Hatte nicht Hegel die Philosophie ausdrücklich als eine negative Kraft bestimmt? Stellvertretend für die erkrankte Referentin Margit Weber – sie sollte im Boot des Noah darüber reden, wer eigentlich Religionsunterricht erteilen dürfe – dozierte der professorale Philosoph und Logiker Florian Pitschl aus Südtirol, derzeit Gastdozent am Berliner Priesterseminar „Redemptoris Mater“, also umständlich zur ohnehin dürren Frage, ob „Christlicher Glaube mehr als religiöses Gefühl und Verstand“ sei. Zu diesem Behuf begann er seinen weitschweifenden Exkurs bei Paulus in Korinth und endete ungefähr bei Habermaas, dem letzten Zögling der Frankfurter Schule. Man erfuhr, wie Clemens von Alexandria dieses Problem sah, der alte Augustinus, Luther (er nannte die menschliche Vernunft eine „Hure“), die Köpfe der Aufklärung. Sie, befand der Brixener, sei der Versuch zur „Selbsterlösung des Menschen", also „Befreiung durch Wissen“ diesseits von Gott. Letztlich lief sein Vortrag darauf hinaus, wie sich religiöse Emotion und Glauben auf der einen, Verstand und Vernunft (Pitschl: „schwere Begriffsbestimmung“) auf der anderen Seite, zueinander verhalten; der Philosophie ist ohnehin klar, dass man nur glaubt, was man nicht weiß, was aber gewiss ist, das müsse man nicht auch noch glauben. Huhn oder Ei? Nur ein Trick dieser Dialektik. Kein Wunder, dass einige den wenig fruchtbaren Vortrag des Logikers balde und ostentativ entflohen: „Zu trocken". Es war tatsächlich nicht viel zu holen, wo Begriffe wie Verstand und Vernunft, die Kant so säuberlich trennte, ständig durcheinandergerieten, Glaube mal Gefühl, mal Moral genannt werden durfte. Es war ein Abend der Beliebigkeit: Einer hat so gedacht, ein anderer so, nimm nur, was Dir genehm ist! Bei philosophischen Themen mag das Usus sein, wenn sich die irdische „Weisheitslehre“ aber ins Theologische mengt (das hat sie von Anfang an getan), ist Konfusion die Folge. Glaube etwa soll sich nach Pitschl auf die Existenz Gottes beziehen, dessen „Erkennbarkeit" er mit Paulus bezeugte. Überhaupt brauchte er für christliche Zwecke immer den Zeugen, damit Glaube wirksam „die Vernunft im Menschen“ erleuchte. Nur welche? Pitschl legte sich da nicht fest. Sie könne auch Verstand sein, „man muss eben sehen, was gemeint ist“. Philosophie? Etwas Licht brachte die ausführliche Diskussion ins Dunkel der Logik, als man christlichen Glauben ins Verhältnis zu „Wissenschaft und Gefühl“ setzte, und, wie die Alten, unbedingt Gott zu „beweisen“ suchte. Alles, wie es schon Paulus erlebte: „die Juden fordern Zeichen und die Griechen fragen nach Weisheit“ (1. Kor. 1. 22). So schipperte die „arche“ beim Suchen nach „objektiver Gotteserkenntnis“ nur in hellenischen Wassern. Wissen und Glauben seien getrennt? Nur ein Witz der Philosophen, vor denen Paulus so eindringlich warnte. Es sind vielmehr zweierlei Wege zu dem einen Ziel, der Erkenntnis des Wahren. Der Apostel wusste und glaubte, glaubte und wusste, was bei der Veranstaltung auch keiner bestritt. Wo, um alle Welt, ist das Problem? Wissen und Glauben gehören zusammen, Nichtwissen und Unglauben auch. Das gab selbst Florian Pitschl auf Nachfrage zu. Dergestalt hätte man sich diesen umständlichen Exkurs ins Exil der Dialektik wirklich sparen können. GeroldPaul

GeroldPaul

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