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Kultur: Glühende Klänge

Italienische Madrigalspezialisten „La Venexiana“ im Schlosstheater im Neuen Palais

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Auch eine Konsonanz: Die Temperatur im Schlosstheater des Neuen Palais passte hervorragend zum Konzert der italienischen Madrigalspezialisten von „La Venexiana“. Nicht nur der Saal verströmte glühende Wärme, auch die drei Opernszenen von Claudio Monteverdi, die sich in schwülem Nachtclubambiente abspielten. Ungeachtet der großartigen musikalischen Leistungen bleibt diskutabel, ob den berühmten Werken mit dieser leicht morbiden Inszenierung ein Bärendienst erwiesen wurde.

Im „Il combattimento di Tancredi e Clorinda“ stolpern der christliche Ritter Tancredi und seine Widersacherin, die als Mann verkleidete Clorinda, in schwarzer Ledermontur, mit verbundenen Augen und Handschellen auf die Bühne. So wirken sie weniger als edle Gotteskämpfer denn als Sklaven in einem verruchten Etablissement. Mit Sonnenbrille und dunklem Anzug deklamiert Testo, der Erzähler (Giovanni Caccamo), mit edel-hellem Tenor Torquato Tassos fein geschmiedete Verse. Die von Monteverdi gewählte Passage beschreibt mehr den Kampf als die Liebe. Dementsprechend knapp fällt die überraschende Schlusswende aus, als Tancredi nach seinem Sieg über Clorinda in diesem Mannweib seine Geliebte erkennt.

Feuriger als in den vokalen Parts flackern dazu die Töne in den Instrumenten. Hier führt Claudio Monteverdi geradezu akademisch seinen neuen Musikstil, die „seconda prattica“, vor. Auch im „Lamento della ninfa“ zeigt sich Monteverdi als sehr früher Vertreter eines überwältigenden Illusionismus. Wenn die verlassene Nymphe (Roberta Mameli) in langgezogenen Schmerzenstönen ihr Schicksal beklagt und dem Verräter verspricht, dass er nie wieder jene süßen Küsse aus ihrem Munde kosten darf, blieb wohl zumindest früher kein Auge trocken. Dass dieses Liebesleid im Kostüm einer Jazzsängerin und in einem düsteren Nachtclub präsentiert wird, passt gut in die heutige Zeit. Nur der im Madrigalstil dreistimmig singende, mitleidige Herrenchor stellt für heutige Verhältnisse wohl eher eine Ausnahme dar.

Die Ballett-Oper „Il ballo delle ingrate“, was Carl Orff mit „Tanz der Spröden“ übersetzte, erzählt eine erbauliche Geschichte schon ganz im affektreichen Rokokostil. Bei Pluto, dem Herren der Unterwelt, erscheint die Göttin der Liebe, um für ihren Sohn Amor zu bitten. Mit seinen Liebespfeilen erreicht er die kalten, undankbaren Frauenseelen nicht mehr, die nun im Hades schmoren müssen. Allein, selbst Venus, ganz Film-Diva der fünfziger Jahre und ebenso hinreißend gesungen von Xenia Mejier, hat keine Chance. Pluto (Andrea Favari), dessen Stimme an Tiefe und Volumen mangelte, herrscht unerbittlich über die Zeit und die Liebe. Abgesehen von einigen neckischen Inszenierungseinfällen zelebrierte das Ensemble unter der Leitung von Claudio Cavina mit berückendem Wohlklang die zaubervolle Welt Monteverdis. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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