Kultur: Gut Ding will Reife haben
„Ein Käse für den König“: Die Singschule Potsdam machte sich zum 20. Geburtstag selbst ein Geschenk
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Die schönsten Wunder reifen im Verborgenen. So auch der runde Käse vom Bauern Jacques, ein Prachtstück an Reife und Geschmack. Dass dieser Käse der beste ist, ein wahrer „Köngigskäse“, adelt ihn zum königlichen Geschenk. Statt ihn zu verkaufen oder zu verspeisen, packt Jacques das gute Stück in einen Handkarren und macht sich damit auf den Weg zum Schloss. Unterwegs passiert das Unvermeidliche: Hungrige Ziegen- und Schafhirten, ein dickwanstiger Schlemmerer, Straßenkinder und zum Schluss gar der Hofstaat kosten vom köstlichen Käse, bis kaum mehr etwas übrig ist. Das letzte Stück aber landet dann doch noch am Ort seiner Bestimmung: im Magen des allzeit freundlichen Königs.
„Der Käs’ war delikat, doch klein war das Format“, tönt es zum guten Ende unisono aus den kleinen und großen Kehlen der Eleven der Singschule Potsdam. Mit großer Begeisterung haben sie am Samstagnachmittag im Alten Rathaus die szenische Kantate „Ein Käse für den König“ für Kinderchor und Instrumente von Knut Gramß auf die Bühne gebracht. Der 1937 geborene Musiker hatte selbst Kinderchöre und Instrumentalklassen eingerichtet und sich auf historische Musik spezialisiert. „Ein Käse für den König" für Erzähler, Einzeldarsteller, einstimmigen Kinderchor und Instrumente Komponierte Gramß 1997 nach der Vorlage eines französischen Bilderbuches.
Eigentlich gedacht für Kinder ab sechs Jahren, stellten bei der Aufführung am Samstag bereits Vierjährige eindrucksvoll unter Beweis, wie eingängig und kindgerecht die Melodien, Liedtexte und Bewegungschoreografien für das etwa 45-minütige Singspiel sind. Unter der musikalischen Leitung von Angela Haupt wurde der einstimmige Chor von Orff-Instrumenten und einem Streichquartett begleitet. Die rhythmische „Schubkarrenmusik“ der jungen Instrumentalisten aus der Orff-Gruppe von Thomas Römer untermalte die einzelnen Stationen auf dem Weg zum König. Die Rolle des Bauern hatte Alisha Hellmuth übernommen, die ihre Aufgabe eindrucksvoll meisterte.
Mit der Inszenierung hat sich die Singschule Potsdam selbst ein wunderschönes Geschenk anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens gemacht. Und für das Publikum ließ sich in aller Anschaulichkeit nachvollziehen, was die Gruppen übergreifende Projektarbeit so auf die Beine stellen kann. Alle fünfzig Mitglieder der Singschule waren in die dreimonatige Einstudierung der szenischen Kantate involviert: Kinder im Alter von vier bis zehn Jahren und Erwachsene, die vor zwanzig Jahren die ersten Schüler der damaligen Singschule Babelsberg gewesen waren. Gemeinsam standen und musizierten sie nun auf der Bühne. Auch die Kulissen und Requisiten haben sie, angeleitet von der Babelsberger Künstlerin Angela Frübing, die selbst Mitbegründerin der Singschule war, an drei Probenwochenenden miteinander gestaltet.
Eine besondere Anerkennung für die Inszenierung gebührt nicht zuletzt der Theater erfahrenen Karina Hellmuth, die die Bewegung und das Spiel koordinierte. Zusammen mit Angela Frübing, Angela Haupt und Thomas Römer führt sie die Arbeit der im vergangenen Jahr verstorbenen Babelsberger Kirchenmusikerin Christa Bleyl in einem harmonisch aufeinander eingespielten Team fort. Vielleicht stärker noch als bisher profiliert sich nun das besondere Angebot der Singschule Potsdam in Projekten für Kinder, Erwachsene und Familien mit Musik, Kunst, Tanz und darstellendem Spiel.Almut Andreae
Almut Andreae
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