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Kultur: Heiligenschein

Uwe Lipowski sprach über Kaiser Heinrich II.

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In einer Zeit, da innere Werte immer weniger bedeuten und das Wort Seele sogar von den Kirchenhäuptern mehr und mehr gescheut wird, macht sich wenigstens die „arche“ auf die Suche nach Vorbildern. Bevor nächste Woche Andreas Hofer und seine Tiroler Aufständler mit „Zu Mantua in Banden“ Rede und Antwort stehen, ging es am Dienstagabend um den deutschen Kaiser Heinrich II. Der Zossener Referent Uwe Lipowski meinte, ihn mit den Prädikat „Herrscher, und trotzdem heilig“ zieren zu müssen – als ob das jemals möglich wäre. Trotzdem ist es gut, die Vorbilder von morgen schon jetzt zu prüfen, denn was sich da zwischen geschichtsautorisierter Kaiser-Biographie und Heiligenlegende so auffallend flüssig darstellt, ist das eine. Glaubwürdigkeit und Wahrheit aber sind etwas anderes.

Heinrich II., „der Heilige“, wird in die Nachfolge der sächsischen Ottonen, geistesgeschichtlich sogar in die Tradition Karl des Großen um 800 gestellt. Als Sohn Heinrich des Zänkers und Enkel Heinrich I. lebte er von 973 bis 1024 als letztes Glied „aus sächsischem Hause“. Er wird mit der Festigung des Reiches in Verbindung gebracht, habe dem Königtum das Ansehen zurückgegeben, so Lipowsk. 1014 wurde er Kaiser.

21 Synoden, 15 Kirchweihen, 64 Bischofsernennungen und die Gründung von drei Bistümer gehen auf sein Konto, darunter Bamberg und Merseburg. Er sei der gute Kaiser schlechthin gewesen, so der Referent, ein Mann mit monastischer Gesinnung, der das weitläufige Reich von liturgischen Ordnungsprinzipien her strukturieren, letztlich „Harmonie im System der Ungleichheit“ herstellen wollte. Seine vielberühmte Ehe mit Kunigunde – beide liegen im Dom zu Bamberg begraben – sei zwar nicht „josephisch“ gewesen, trotzdem aber recht keusch, und kinderlos. So fromm soll Heinrich II. gewesen sein, dass sogar militärische Erfolge gefährdet wurden. „Harnsteine“ sagt man dem Vielreiter nach, und einen Hinkefuß.

So stellt ihn denn auch ein Sakramentar als direkt von Jesus gekrönt und von den zwei Heiligen Emmeram und Ulrich gestützt dar, ikonographisch als direkte Nachfolge Mose und Aarons, zudem mit der Heiligen Lanze gesegnet, ein Stellvertreter Gottes auf Erden. Kirchen- und Klosterreformer, mildtätiger Herrscher, Wiedergutmacher von Kriegsverwüstungen. Meine Güte, was war das nur für ein herrlicher Mann! Besser hatte man die zweifelhafte Existenz Karl des Großen auch nicht beschrieben. Heilig gesprochen wurde Heinrich (=Hausvater) nach 1034, warum, blieb im Vortrag von Lipowsk etwas unklar. Ein Erdenmensch als wandelnder Tugend-Katalog, ein Herrscher ohne Fehl und Tadel, ein fast widerwilliger Feldherr: Die Diskussion erst zeigte, dass seine Kriegszüge in Italien und Polen mit der Taufe Wladimirs 989 im Kiewer Rus zusammenhingen. Es ging um Machtpolitik, die Kurie wollte einfach den Vormarsch der konkurrierenden Byzantiner stoppen. Dass man dafür im Nachhinein geheiligte Krieger, ja eine tadellosen Stammbaum bis Mose brauchte, ist klar. Hier heiligte der Zweck im wahrsten Sinne die Mittel. Gerold Paul

Gerold Paul

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