Kultur: Heimkehr nach Potsdam
Der heutige 100. Geburtstag von Louis Ferdinand Prinz von Preußen spielt in seiner Geburtsstadt keine Rolle
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„Die Heimkehr nach Potsdam“ hat Louis Ferdinand Prinz von Preußen seine Autobiographie „Im Strom der Geschichte“ untertitelt. Der Chef des Hauses Hohenzollern, dessen Geburtstag sich am heutigen 9. November zum 100. Mal jährt, hatte nach der deutschen Wiedervereinigung wieder enge Kontakte zu seiner Geburtsstadt geknüpft. So unterstützte der zweitgeborene Sohn des letzten deutschen Kronprinzen die Erneuerung des Vereins ehemaliger Schüler des Realgymnasiums, das er selbst besucht hatte. Auch andere Potsdamer Geschichtsvereine förderte er oder übernahm sogar den Ehrenvorsitz. Eng war er mit dem Polizeiorchester verbunden, für das er das Lied „An mein Potsdam“ komponierte.
Der wichtigste Dienst, den der Prinz seiner Heimatstadt erwies, war aber zweifellos die Überführung der Särge Friedrichs des Großen und von dessen Vater, Friedrich Wilhelm I., nach Sanssouci. Mit der Beisetzung auf den Weinbergterrassen erfüllte er nach zwei Jahrhunderten den testamentarischen Wunsch Friedrichs II. Der Sarg des Soldatenkönigs wurde in das Mausoleum an der Friedenskirche gebracht. Am 17. August 1991, dem 205. Todestags Friedrich des Großen, wurde der Trauerzug zwischen Bahnhof Wildpark und Sanssouci von Zehntausenden Menschen gesäumt.
Die Überführung der beiden Särge, die 1944 aus der Garnisonkirche in die Bunker der jetzigen Henning-v.-Tresckow-Kaserne im Wildpark ausgelagert und nach einer wahren Odyssee 1952 auf die Hohenzollernstammburg Hechingen gebracht worden waren, besaß eine lange Vorgeschichte. Bereits damals hatte Louis Ferdinand erklärt, er wolle die Särge nach Potsdam zurückführen. Als Vorbedingung nannte er die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit. Erst 1987 ermöglichte die Preußenrenaissance in der DDR einen Besuch des Prinzen in Potsdam. Er war in Erich Honeckers Auftrag durch den SED-Kulturfunktionär Hans Bentzien vorbereitet worden. Im Marmorpalais führte Bentzien ein weiteres Gespräch, um Louis Ferdinand zur Rückführung der Särge seiner beiden großen Vorfahren zu bewegen. Dazu wurde der Prinz in das Direktionszimmer des Armeemuseums gebeten, das damals im Palais untergebracht war. Überrascht stellte er fest, dass es sich dabei um eben jenes Zimmer handelte, in dem er am 9. November 1907 das Licht der Welt erblickt hatte.
Hier hatten also die Kinderjahre des späteren Hohenzollernchefs begonnen, die aufs Engste mit Potsdam verbunden waren. Die kronprinzliche Familie lebte dann im neu errichteten Schloss Cecilienhof. Noch vor seinem zehnten Geburtstag wurde der Prinz traditionsgemäß in das Erste Garderegiment zu Fuß aufgenommen und war damit jüngster Leutnant Preußens. In Potsdam erlebte er die Novemberrevolution und das Ende der Monarchie mit. Engen Kontakt zur Stadtbevölkerung bekam Louis Ferdinand durch den Besuch des Realgymnasiums 1920 bis 1923. Auch während seines Studiums in Berlin und Bonn, das er 1931 abschloss, blieb Potsdam seine Heimatstadt. Danach arbeitete er in den USA beim Autorhersteller Ford, u.a. auch als Mechaniker am Fließband. 1934 kehrte der Prinz aus den USA nach Deutschland zurück und war bei der Lufthansa tätig. 1938 heiratete er die Großfürstin Kira Kirillowna von Russland. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor. Während des Zweiten Weltkrieges diente Louis Ferdinand in der Luftwaffe. Im Frühjahr 1940 beendete das von Hitler veranlasste Verbot des Kriegseinsatzes der Hohenzollernprinzen seine militärische Karriere. Der Prinz hatte Kontakte zum Offizierswiderstand gegen Hitler. Konservative Kreise dachten sogar über die Wiederherstellung der Monarchie unter Louis Ferdinand nach. 1951 wurde er Chef des Hauses Hohenzollern und blieb es bis zu seinem Tode im Jahr 1994.
Der 100. Geburtstag hätte auch in Potsdam Anlass geboten, an Louis Ferdinand in einem Vortrag, einer Lesung oder ähnliches zur erinnern. Daran hat aber weder die Stadt noch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten gedacht, die dem Prinzen durch die Rückführung der Königssärge immerhin eine wichtige Aufwertung ihres touristischen Potenzials verdankt. Ein weitergehender, vom Innenstadtverein Agaphi eingebrachter Vorschlag sah vor, in Potsdam eine Straße nach dem Prinzen zu benennen. Die Stadtverwaltung teilte mit, dass ein solcher Vorschlag in den vom Kulturausschuss der Stadtverordnetenversammlung geführten Namenspool aufgenommen und bei nächster, angemessener Gelegenheit verwendet werden könne. Der Ausschuss lehnte die Aufnahme jedoch ab. Laut Schreiben der Stadtverwaltung an Agaphi sei dies mit der Gefahr der Namensverwechslung begründet worden. Bekanntlich gab es einen zweiten Prinzen Louis Ferdinand (eigentlich Friedrich Ludwig Christian) von Preußen, den hochbegabten „preußischen Apoll“, der 1806 in der Schlacht von Saalfeld gefallen war. Dies sei für die Entscheidung des Kulturausschusses jedoch nur eine Arabeske gewesen, stellte dessen Vorsitzender Eberhard Kapuste auf Nachfrage der PNN richtig. Begründet wurde die Ablehnung vielmehr damit, dass sich der Prinz keine erkennbar großen Verdienste um Potsdam erworben habe. Meint der Kulturausschuss.
Erhart Hohenstein
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