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Breakdance-Battle auf dem Bassinplatz: Helden des Asphalts

Breakdance? Das ist doch dieser wüste Jugendtanz, bei dem man sich auf dem Boden wälzt, um sich schlägt und versucht, sich keine Knochen zu brechen – eine Erfindung der Hip-Hop-Generation.

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Breakdance? Das ist doch dieser wüste Jugendtanz, bei dem man sich auf dem Boden wälzt, um sich schlägt und versucht, sich keine Knochen zu brechen – eine Erfindung der Hip-Hop-Generation. Von wegen: Entstanden ist diese Ausdrucksform schon viel früher, nämlich in den 70er-Jahren in der New Yorker Bronx, einem damals von Gangs und Gewalt geprägten Stadtteil. Breakdancing lieferte den Kontrapunkt: Mithilfe des Tanzes konnte ein gewaltfreies Aufeinandertreffen simuliert werden, nach dem Battle ging ein Sieger vom Platz. Während ein DJ irgendetwas Musikalisches zwischen Hip-Hop und Funk auflegte, standen sich zwei Kombattanten gegenüber: ernst gucken, in die Knie federn – und los geht der Tanz.

Dass Breakdance den Tänzern jedoch höchste athletische Fähigkeiten und eine beeindruckende Körperkontrolle abverlangt, konnte man am vergangenen Freitag zum „PDM Concrete-Battle“ auf dem Bassinplatz erleben. Auf blankem Asphalt wurden so krasse Moves geboten, dass man schon vom Zusehen ganz gebrechlich werden konnte. Aber um den Beat im Körper zu haben, braucht man auch nicht erwachsen zu sein: Als am späten Nachmittag die Kids gegeneinander antraten, kamen sogar die Großen ins Staunen. Und der Sieger des Battles konnte an seinem 11. Geburtstag ein T-Shirt in Größe M einstreichen, in das er in ein paar Jahren auch reinpassen dürfte.

Dazwischen reichlich Sonne über dem „Bassi“, zumindest die Gehörgänge konnten durch coole Hip-Hop-Beats gekühlt werden. Und wer sich nicht in halsbrecherischen Tanzmanövern auf den harten Betonboden wagte, drehte eben ein paar Runden mit dem Skateboard – oder machte es sich als Zaungast hinter seiner Sonnenbrille bequem. Über mangelnden Zulauf konnten sich die Veranstalter jedenfalls nicht beklagen, weder bei den Zuschauern noch bei den Breakdancern, die vor Ort rekrutiert wurden: Da traf nicht nur Magdeburg auf Potsdam – ganz stylisch Schnurrbart gegen Nachthemd -, sondern es kamen auch Tänzer aus St. Petersburg, Spanien, Polen und sogar aus Braunschweig. Und wenn man sich 29 Runden in voller Geschwindigkeit liegend im Kreis dreht, ohne sich übergeben zu müssen, ist man schon mindestens so steinhart wie der Asphalt. Ein harter Job also für die dreiköpfige Jury, die am Abend schließlich nach Halbfinale und Finale Breakdancer Äleks von der Flowjob Crew aus Magdeburg zum Sieger krönte. Gewonnen haben aber alle.

„Breaken ist eine universelle, nonverbale Sprache“, schwärmt Saman Hamdi, der nicht nur das Festival zusammen mit Robert Segner moderierte, sondern als Doktorand am Institut für Romanistik der Uni Potsdam eine Lehrveranstaltung zum Thema „Bildung und emanzipatorisches Potenzial der Hip-Hop-Kultur“ anbot. „Das ist eine Kultur zum Atmen und Schwitzen, die davon lebt, dass man sich gegenseitig lehrt“ – „Each one teach one“ heißt das Konzept, einer bringe dem anderen etwas bei. Dieser integrative Faktor funktioniert auch in der Praxis: Die Magdeburger Crew fängt mit Breakdance Kinder von Geflüchteten auf und bindet sie so ein. „Hip-Hop bestimmt die Art, auf die Welt zuzugehen“, sagt Robert Segner. „Das ist eine gemeinsame Sprache.“ Und wenn man schon so lange eine gemeinsame Sprache spricht, scheinen Grenzen endlich überflüssig geworden zu sein.

Oliver Dietrich

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