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Kultur: Heldenhysterie

Wir sind Helden füllten die Waschhaus-Arena

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Als das Berlin-Hamburg-Quartett mit dem kantigen Namen „Wir sind Helden“ vor gut sechs Jahren zum ersten Mal in das Potsdamer Waschhaus einkehrte, versammelten sich vor der Bühne gerade mal 15 Leute. Damals hatte der heutige Bassist Mark Tavassol sein Testspiel bei der Truppe und vergaß prompt zu Beginn des Konzertes seinen Bassverstärker anzuschalten. Weil er, obwohl seine Bassbox keinen Mucks von sich gab, trotzdem so überdurchschnittlich fröhlich grinste, wurde er vom Fleck weg für weitere Konzerte engagiert.

Beim Wiedersehen mit den Helden in der ausverkauften Waschhaus-Arena am Samstagabend sind diesmal von Beginn an alle Verstärker auf Vollgas geschaltet. Schon zum Intro, welches das Erscheinen der Band ankündigt, herrscht in der Halle eine ausgelassene Heldenhysterie. Auch der erste Song „Endlich ein Grund zur Panik“ mit einer überzeugend-hektischen Stimmung dargebracht, tritt keineswegs auf die Euphoriebremse.

„Na? Schon warm?“, fragt Sängerin Judith Holofernes nach diesem fulminanten Start. Klar! Ein warm up wäre bei den dicht gedrängt stehenden Heldenfans soundso nicht nötig gewesen. Apropos Soundso. „Soundso“ heißt die Tour der Helden, passend zum aktuellen Album, das im vergangen Jahr in die Läden kam. Das Konzert macht deutlich, wie sich die Band mit der neuen Platte musikalisch weiterentwickelt hat. Die Funky-Töne des eingeflogenen Bläserquintetts verbreiten einen Hauch von Soul. Treibende Off-Beat-Rhythmen von Schlagzeuger Pola Roy marschieren dazu mit animierender Leichtigkeit durch den Saal.

Doch auch für Nachdenkliches ist noch Platz: „Darf ich das behalten“ erzählt von zerbrochener Liebe und senkt für kurze Zeit den Pulsschlag des Publikums. So arbeiten sich die Helden mit ihren Liedern mutig durch die Genres und bieten ein vielseitiges, aber doch rundes Festbankett. Und weil es Sängerin Judith Holofernes mit ihrer natürlich-charmanten Art gelingt, eine direkte Verbindung zu ihren Fans aufzubauen, entsteht ein schönes Gefühl der Gemeinsamkeit.

In dieser offenen Atmosphäre gelingt eine interaktive Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Botschaften der Helden. Für den Titel „Die Konkurrenz“ ziehen die Musiker eine gedachte Linie durch den Raum und versuchen, die beiden entstandenen Hälften in agitatorischer Art und Weise zu spalten. Den pädagogischen Mehrwert nimmt man gern mit nach Hause und so endet der Abend mit viel Applaus für die sympathische Erfolgsformation. Philipp Kühl

Philipp Kühl

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