Kultur: „Hier war ich jeden Tag glücklich“
Ilse Werner wurde anlässlich der Schenkung ihrer Sammlung mit Festakt im Filmmuseum geehrt
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Ilse Werner wurde anlässlich der Schenkung ihrer Sammlung mit Festakt im Filmmuseum geehrt Von Lene Zade „Ich kann ihnen gar nicht sagen, wie gerührt ich bin." Angesichts des überfüllten Kinosaals im Potsdamer Filmmuseum war Ilse Werner voller Dankbarkeit. Die 83jährige konnte kaum glauben, dass sich nach 66 Jahren Karriere im Film- und Showgeschäft noch so viele Menschen für sie interessieren. Nicht nur bei den Organisatorinnen des Festaktes zur Übergabe ihrer Dokumenten-Sammlung bedankte sie sich mehrfach, sondern auch bei ihren Künstlerfreunden, Wolfgang Völz und Bert Beel, die ihr auf dem Podium beistanden, während die Honoratioren ihre Festreden hielten. Die waren ihrerseits voll von Dankesworten für die selten gewordene Geste der Schenkung, die es dem Filmmuseum ermögliche, den Anspruch „Babelsberger Filmgeschichte im Ganzen darzustellen“ gerecht zu werden. Die schon vorhandenen Sammlungen von Hans Albers und Zarah Leander würden durch die Dokumente von Ilse Werner ergänzt und machten verschiedene Perspektiven auf das aufwendige Filmschaffen der Ufa in der Kriegszeit möglich, wie das Grußwort von Ministerpräsident Matthias Platzeck betonte. Die Schenkung von Ilse Werner wäre nicht nur für die filmhistorisch interessierte Öffentlichkeit ein Gewinn, sondern auch von hohem kulturgeschichtlichen Wert, da sich in dem künstlerischen Werdegang von Ilse Werner auch Zeitgeschichte spiegele. Jann Jakobs erwiderte Ilse Werners Großzügigkeit mit einer Ehrung: Feierlich trug sich die Schauspielerin in das Goldene Buch der Stadt ein. Die Schauspielerin hob hervor, dass sie sehr gerne von Lübeck in die Region umsiedeln würde. „Das wärewunderschön, aber das werde ich wohl nicht mehr können. Mit 83 Jahren zieht man nicht mehr um.“ Sie habe schon weit über 70 Mal die Wohnung gewechselt. „Ich mochte die Veränderung und bin halt gern umgezogen. So was gibt''s ja.“ Museumsdirektorin Bärbel Dalichow hob hervor, die Sammlung mit mehr als 1000 Einzelstücken sei „ein ganz großes Geschenk“ und ein einziartiges Dokument der Kulturgeschichte. Nach ihren Worten ist es äußerst selten, dass Künstler so etwas Wertvolles hergeben. Die Kisten ergänzten auf „wunderbare Weise“ die Bestände des Museums, die bereits Sammlungen von Ufa-Kollegen wie Hans Albers und Carl Raddatz enthielten. Die Kulturministerin Johanna Wanka nannte die Schenkung für Potsdam deshalb so wertvoll, weil sie beweise, wie groß die Bedeutung der Filmstandort Babelsberg war und immer noch ist. Ilse Werner selbst hat an ihre Babelsberger Anfangszeit nur die positivsten Erinnerungen. Babelsberg war ihre Heimat, jeden Tag habe sie hier gedreht, ihre schönsten Filme seien hier entstanden, mit wundervollen Kollegen habe sie arbeiten können. Wie in einem Club hätten sie alle zusammen gelebt und gearbeitet. Die ungebrochene Idealisierung ihrer frühen Schauspielerjahre will sich Ilse Werner nicht nehmen lassen, auch nicht auf Nachfrage thematisiert sie, dass der Beginn ihrer Karriere in die Zeit des Nationalsozialismus fiel. Da sie äußerlich dem propagierten weiblichen Idealbild entsprach, avancierte sie mit ihrem unbekümmerten Wesen in den 40er Jahren zu einem gefeierten Star, einer Traumfrau, die pfeifend und singend in zahlreichen Unterhaltungsfilmen mitspielte. Politik sei nicht ihr Ressort, deshalb wolle sie darüber überhaupt nicht reden. Diesem Wunsch entsprachen ungefragt alle Gäste des Festaktes. Lediglich ihr Freund und Schauspielerkollege Wolfgang Völz wies in seiner Laudatio auf den 1938 verbotenen Film „Das Leben kann so schön sein“ hin, der die soziale Bedrängnis einer jungen Ehe thematisiere und wegen dieser Infragestellung der Bevölkerungspolitik von Goebbels verboten wurde. In erster Linie wird es die Aufgabe der Filmwissenschaft sein, das künstlerische Erbe von Ilse Werner kritisch aufzuarbeiten. Die Vernachlässigung einer zeithistorischen Kontextualisierung mag für einen Festakt anlässlich einer Schenkung zulässig sein. Für Ausstellungen und wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit der Geschichte der Filmstadt Babelsberg ist die Ausblendung dieser Perspektive fahrlässig. Ilse Werner begann ihre Filmkarriere vor 66 Jahren in den Babelsberger Filmstudios. Der Film „Wunschkonzert“ (1940) war ihr großer Durchbruch. Der Komponist Werner Bochmann entdeckte ihr musikalisches Talent, und sie sang seine Schlager im Rundfunk und auf Schallplatte. Von Werners Filmen behaupten vor allem „Münchhausen“ (1943) und „Große Freiheit Nr.7“ (1944) ihren Platz in der Filmgeschichte. Nach dem Krieg arbeitete Werner vor allem fürs Theater sowie für Radio und Fernsehen. Als Talk-Masterin, Entertainerin und Musical-Darstellerin feierte sie große Erfolge. Für Ottokar Runzes Film „Die Hallo-Sisters“ erhielt sie 1990 ihr zweites Filmband in Gold. Kurz nach der Wende besuchte Ilse Werner ihre „alte Heimat“ Babelsberg wieder.
Lene Zade
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