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Kultur: Hilflosigkeit, Unsicherheit und Wut Potsdamer Filmgespräch zu „Empathie“

Eine Szene, die sich einbrennt, die einen betroffen zurück lässt. Der Moment, als Melanie mit einem Kissen den Kopf ihres Babys bedeckt, um dessen lautes Weinen nicht länger ertragen zu müssen.

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Eine Szene, die sich einbrennt, die einen betroffen zurück lässt. Der Moment, als Melanie mit einem Kissen den Kopf ihres Babys bedeckt, um dessen lautes Weinen nicht länger ertragen zu müssen. Betroffenheit auch, als Max und sein Freund Karl scheinbar aus einer Laune heraus einen Obdachlosen zu Tode prügeln.

Empathie ist das, was hier greift – die Fähigkeit, sich in einen anderen Menschen einzufühlen – und „Empathie“ ist auch der Titel des Fernsehfilms, der am Dienstagabend im Filmmuseum auf großer Leinwand lief und der die Schicksale der Jugendlichen Melanie, Max und Kevin erzählt. Eine viel zu junge und völlig überforderte Mutter, ein Junge aus gutem Hause, der sich von seinem Freund zu einer Gewalttat anstecken lässt und sein Gegenstück, der jugendliche Straftäter, der ohne Vater aufwächst und alles andere als ein behütetes Elternhaus vorweisen kann.

Regisseur Marc-Andreas Bochert und Kameramann Andreas Höfer waren als Gäste geladen und stellten sich nach dem Film und im vorletzten Filmgespräch des Jahres 2010 den Fragen. Diese, von Moderatorin und Publikum gestellt, betrafen leider eher die Entstehung des Films und streiften weniger dessen Bildhaftigkeit und Metaphernfülle. Jeanette Eggert, die die beiden etwas atemlos als alte Bekannte vorstellt, da das gemeinsame Studium an der HFF Konrad Wolff verbindet, befragte die ehemaligen Kommilitonen allerdings erst einmal neugierig nach deren Werdegang. Bochert hatte bereits während des Studiums einige Aufmerksamkeit erregt, sein Kurzfilm „Kleingeld“ bekam nicht nur den sogenannten Studentenoscar, sondern auch eine Nominierung für dessen großen Bruder, den Oscar.

Danach, so erzählt der sehr entspannte und angenehme Regisseur, gab es einige Fernsehspiele und zwölf Folgen „Anja & Anton“ für die Kindersendung Löwenzahn, bevor der in Bayern und über Satellit ausgestrahlte Fernsehsender BR-alpha mit der Bitte um einen Spielfilm an ihn herantrat. Dieser erste Langfilm war eine echte Herausforderung, denn innerhalb von drei Monaten sollte ein Drehbuch mit festgelegten Vorgaben stehen. Diese Herausforderung nahm Bochert sofort an, denn sie war, so erkannte er, eine gewaltige Chance. Ein spannendes Thema, kein Klinkenputzen und kein Feilschen um das Budget. Dass das Projekt, welches, so erklärt er, bereits 2009 in den Dreh sollte, letztlich doch erst 2010 angegangen wurde, war gut so. Der ursprünglich geplante Kameramann wollte Bochert nicht überzeugen, schließlich entschied er sich mit Andreas Höfer noch einmal neu und goldrichtig, denn der hatte nicht nur Debütfilmerfahrungen, sondern kannte sich in Berlin, dem Schauplatz des Drehs, hervorragend aus. Auch seine Idee, einen zweiten Kameramann zu besetzen, zahlte sich aus, denn diese Maßnahme sparte nicht nur die ohnehin sehr knapp bemessene Drehzeit, sondern spielte auch den Deutschen Kamerapreis 2010 ein. Und transportiert, in Zusammenarbeit mit dem Drehbuch, mit „Empahtie“ eine Geschichte, die die Hilflosigkeit, die Unsicherheit und die Wut ihrer jugendlichen Helden gnadenlos auf den Zuschauer überträgt. Andrea Schneider

Andrea Schneider

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