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Kultur: Hitparade

The Best Of Musical Fieber im Nikolaisaal

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Wem ein musikalisches „Best Of“ ein Gräuel sind, dem hätten im Potsdamer Nikolaisaal wahrscheinlich die Ohren geklingelt. Dort präsentierte „Aktiv Event“ unter dem Titel „The Very Best of Musical Fieber“ die Quintessenz einer fünfjährigen Erfolgstournee. Das hieß nichts anderes als die Zusammenstellung der größten Hits aus Musicalproduktionen wie „Grease“, „Wicked“, „Das Phantom der Oper“, „Der König der Löwen“ oder „Tanz der Vampire“.

Der kurz vor Veranstaltungsbeginn am Mittwoch erstandene Flyer versprach ein hochkarätiges Ensemble, die harmonische Verbindung zwischen Klassikern des Musicals und neuen Produktionen, farbenprächtige Kostüme und tolle atmosphärische Bühnenbilder. Die Interpretation des tatsächlich Gebotenen ist relativ.

Wer auf emotionalen Schleudergang steht, dem haben die nicht abbrechenwollendenden Ohrwürmer am vergangenen Mittwochabend sicher das ultimative Hochgefühl verschafft. Rockklassiker trifft auf Schmonzette, sexy Tanzeinlage auf gefühliges Duett. Man kommt scheinbar gar nicht mehr herunter von diesem durch die Dramatik der Sänger und Tänzer in Gesang und Gestik geschaffenen Emotionsriesenrad, auf dem ruhige Momente eher die Ausnahme bleiben.

Ein Glücksmoment darum auch die sehr anmutige und leichtfüßige Tanzeinlage aus „König der Löwen“ oder die hurmorvolle Szene aus „Sister Act“, die sogar Musicalmuffeln ein kleines Lächeln abringt.

Doch diese kleinen Augenblicke können nicht die Enttäuschung über das gehetzte Aneinanderreihen der Stücke wettmachen, das kurz zu einer philosophischen Betrachtung über das Leben hinreißt und die Frage in den Raum stellt, ob es wirklich reizvoll ist, von allem nur das Beste zu bekommen, sich auf nichts wirklich einzulassen und das Leben möglichst nur häppchenweise zu sich zu nehmen. Aber vielleicht ist dieser Denkansatz im Fall von Musical Fieber zu groß angelegt und die Macher waren einfach nur etwas flüchtig oder unsensibel in der Dramaturgie ihrer Show.

Überdenken sollten sie dann auch die Rolle der Tänzer, die wirklich eine gute Leistung zeigten, ab und an aber zum Mitsingen angehalten zu sein schienen. Da sie die Texte oft nicht wirklich beherrschten, wirkte das leider etwas peinlich. Da bleibt wirklich nur der Rat, sich auf das zu besinnen, was man wirklich kann.

Wenn wir schon bei der Überprüfung der Versprechungen des Werbezettels sind, bleiben noch die „tollen“ atmosphärischen Bühnenbilder. Zwei Beamer, die abwechselnd psychedelische Bewegtbilder, Standbilder einer Kamera oder Fotos projezieren, werden kombiniert mit rotem, blauem oder wahlweise grünen Licht und untermalt von atmosphärischen Nebelmaschineneinsätzen. Der eine mag diese Kombination bereits für ausreichend und atmosphärisch halten, der andere ist einfach nur entsetzt über so viel Einfallslosigkeit. Was soll’s, das Publikum des nicht einmal halbvollen Nikolaisaals schien glücklich, vielleicht nicht zuletzt wegen des Udo Jürgens-Medleys, das besonders ausführlich geriet und gleichzeitig den Abschluss bildete.Andrea Schneider

Andrea Schneider

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