Kultur: Hommage an das Reich der Mitte
Annette Strathoff und der Verein Teehausgalerie engagieren sich für Künstleraustausch mit China
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Als chinesische Künstler sich anschickten, in aller Seelenruhe die von Annette Strathoff nach China mitgebrachten künstlerischen Arbeiten vor ihren Augen abzupinseln, blieb der Potsdamer Künstlerin buchstäblich die Spucke weg. Auch angesichts der statt auf dem Universitätscampus überraschend offerierten Unterbringung in einem noblen Hotel verschlug es ihr wie auch der Malerin Dana Bennewitz erst einmal die Sprache.
Kleine, aber bedeutungsvolle Beispiele dafür, mit welch unterschiedlicher Mentalität und Gastkultur die beiden brandenburgischen Künstlerinnen eingehende Bekanntschaft machten, als sie sich im September für einen dreiwöchigen Künstleraustausch an die Kunstuniversität von Nanjing begaben. Auf China waren die beiden Künstlerinnen gekommen, als sie sich für ein Austauschprojekt zwischen deutschen und chinesischen Künstlern interessierten und bewarben, das der zu Beginn diesen Jahres in Potsdam gegründete Verein Teehausgalerie Potsdam organisierte.
Für Annette Strathoff und Dana Bennewitz wurden die drei Wochen in China zu einem unvergesslichen Erlebnis. Hunderte von Fotos, die die beiden von ihrer Reise mitbrachten, spiegeln den Versuch, die intensiven Bilder und Erlebnisse für sich und andere festzuhalten. Bei einem Besuch des Potsdamer Ateliers von Annette Strathoff, das die Künstlerin mit rotem Haarschopf im ebenfalls rot schimmernden China-Oberteil nebenbei auch als Privatgalerie betreibt, ist man mittendrin in den Geschichten, die in den beiden Künstlerinnen nach China weiterleben.
Bei Annette Strathoff hängen nun jede Menge Fotos im Flur ihrer Privatgalerie. Sie dokumentieren, wie die beiden Künstlerinnen zusammen mit ihren chinesischen Kollegen kalligraphisch arbeiten und bannen die exotische Atmosphäre chinesischer Märkte und anderer Sehenswürdigkeiten auf Zelluloid.
Weiter geht es in einen Raum, in dem Annette Strathoff unter dem Motto „Before China“ und „After China“ ihre künstlerische Arbeit der letzten Wochen und Monate präsentiert. In unterschiedlich großen Formaten hat die Künstlerin Materialcollagen, meist auf handgrundierter Leinwand, gefertigt. Pappe und Wellpappe sind die Werkstoffe, mit denen sie schon seit vielen Jahren bevorzugt arbeitet. In ihren aktuellen Bildern hat sie gerissene und geschnittene Pappe auf ihre mit Champagnerkreide und Knochenleim mehrmals gestrichenen und geschliffenen Leinwände appliziert. Am liebsten verwendet Annette Strathoff bei ihrer Malerei Erdfarbenpigmente in Blau-, Ocker-, Rosé- und Grautönen, die sie in ihren China-Bildern mit Ölfarbe und zum Teil auch mit Graphitstift kombiniert. Auf diese Weise sind in Mischtechnik formal abstrahierte Ansichten monumentaler Hochhausfronten („Ville morte, Shanghai“), kritische Untertöne in Bezug auf die in China grassierende Umweltverschmutzung („Pollution“) aber auch humorvolle Untertöne („Hommage an das Transportmittel“) entstanden. Vor ihren Bildern sprudeln die Erinnerungen an die Zeit in Nanjing nur so aus der Künstlerin heraus. Sie wird sich künftig bei einigen der für 2008 geplanten Veranstaltungen der Teehausgalerie Potsdam aktiv einbringen und dafür auch ihre zentral gelegenen Räumlichkeiten zur Verfügung stellen.
Der als „Gesellschaft für deutsch-chinesischen Künstler- und Kulturaustausch“ auftretende Verein bemüht sich derzeit intensiv um Räumlichkeiten in Potsdam, der für die geplanten Aktivitäten wie Ausstellungen, chinesische Sprachkurse, Vorträge, Teezeremonien und Kalligraphie-Vorführungen aber auch für die Beherbergung chinesischer Gäste zur Verfügung stehen soll.
Der Stadt liegt seit kurzem ein Antrag auf Förderung des laufenden Künstleraustausches vor. Spätestens in einem halben Jahr steht der Gegenbesuch durch die chinesischen Künstler samt Zho Daoping, Präsident der Kunstuniversität Nanjing, ins Haus. Annette Mertens, Vorsitzende des Vereins Teehausgalerie Potsdam, wird alles daran setzen, sich der großzügigen Gastfreundschaft der Chinesen auch nur annähernd ebenbürtig zu erweisen. Allerdings wird es nicht ganz ohne Hilfe von außen gehen.
In China steht Potsdam als deutsche Kulturstadt unverändert hoch im Kurs. Viele Künstler möchten hier ausstellen und ein kultureller Austausch gilt als überaus attraktiv. Wenn also chinesische Künstler die Arbeiten einer Künstlerin aus Deutschland kopieren, verleihen sie genau dadurch ihrer hohen Wertschätzung anderer Kunst und Geisteshaltung adäquaten Ausdruck. Nicht allein das weiß Annette Strathoff seit ihrer China-Reise sehr wohl zu schätzen.
Ausstellung „beforeinafterChina2007“ im Atelier und in der Privatgalerie von Annette Strathoff in der Villa Anna, Hans-Thoma-Str.13, tägl. noch bis zum 22.12. nach Vereinbarung (Tel. 0331 / 5 85 25 86)
Almut Andreae
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