
© promo
Kultur: Hommage an Mozart
Neues Kammerorchester spielte im Nikolaisaal
Stand:
Dass Mozarts „Idomeneo“ lange im Schatten seiner jüngeren Opern stand, gibt ein typisches Beispiel für die Wandelbarkeit musikalischen Geschmacks. Wie vieles von dem, was einst abgelehnt und abgelegt wurde, erwies auch dieses Werk sich nach einiger Zeit wieder als Geniestreich. Mit der Ouvertüre aus dem „Idomeneo“ eröffnete das Neue Kammerorchester sein drittes Sinfoniekonzert im relativ gut besuchten Nikolaisaal. Erneut vermochte der künstlerische Leiter Ud Joffe ein formidables Ensemble zu vereinen. Wie viel Einfallsreichtum allein schon in der Ouvertüre des „Idomeneo“ steckt, kann man bei der sauber intonierten und spielfreudigen Aufführung hören. Die auf knappstem Raum minutiös aufeinander und ineinander verschachtelten Motive ertönen trotz hohem Tempo klangklar und abgerundet. Diesem schönen Einstand folgt mit den Rokokovariationen von Peter Tschaikowsky eine Cello-Konzert-Miniatur. Als Solist erscheint der junge Norbert Anger, Preisträger des Deutschen Musikrats und des Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerbs. Dass ihm die russische Musiktradition liegt, zeigt sich bei seiner ausdruckvollen Spielweise. Farbenstark und kontrastvoll modelliert Norbert Anger das Vorzeigestück für Virtuosen, wohl dosiert beim Vibrato, ausladend im Andante, das wie ein Adagio wirkt. Den beschworenen Mozart-Reminiszenzen zum Trotz bevorzugt er tschaikowskygemäße, romantisierende Klänge, von elegischen Tönen auf der A-Saite bis zum grabesschwarzen Geraune in der Tiefe. Als Zugabe erklingt die Sarabande aus der 3. Suite für Cello von Johann Sebastian Bach, wie aus hellem Marmor gemeißelt.
Die „Prager Symphonie“ KV 504 gilt manchen als Höhepunkt in Mozarts Schaffen. In diesem strahlenden Werk, das vom Neuen Kammerorchester vor einiger Zeit schon einmal aufgeführt wurde, spricht der Opernkomponist Mozart einmal mehr, doch auch der Klassiker kommt zu Wort. Das dreisätzige Werk kommt ohne Rokoko-Menuett und fast ohne schmerzhafte Moll-Eintrübungen aus. Es dominiert D-Dur, Mozarts neutralste und stabilste Tonart, in vielen Variationen, kontrapunktisch und harmonisch sehr verdichtet. Im Andante kostet Ud Joffe mit dem Neuen Kammerorchester jeden neuen Klang lustvoll aus, malt sinnliche Spätrokokofresken in schimmernden Farben. Verfolgen und Jagen, Necken und Nachahmen bestimmen das quecksilbrige Finale, dessen motorisches Motiv bis zum Ende präsent bleibt. Zum Finale gibt es viel Beifall für das gelungene Konzert des Neuen Kammerorchesters Potsdam. Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: