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Kultur: „Hören Sie bloß auf mit Kampagne!“

Projektleiter der Kulturhauptstadt GmbH beim Frauenstammtisch

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Projektleiter der Kulturhauptstadt GmbH beim Frauenstammtisch Von Karsten Sawalski Der Korb mit den Blumen, den der Gastredner zum Abschluss bekam, war nicht als symbolische Ablehnung gemeint. Aber als Hahn im Korb dürfte sich Moritz van Dülmen, Projektmanager der Kulturhauptstadt Potsdam GmbH 2010, am Frauenstammtisch auch nicht gefühlt haben. Die Potsdamer Frauen hatten den Projektleiter am Mittwochabend in das Alte Rathaus eingeladen, damit dieser unter dem Motto „Stell dir vor: Im Jahr 2010 ist Potsdam die Kulturhauptstadt Europas“ über die Bewerbungspläne informiere. Zahlreich und mit großem Interesse verfolgten die Potsdamerinnen die Erläuterungen über das Procedere der Teilnahmebedingungen. Dann musste sich der Kulturmanager aus Saarbrücken, der zuvor in Frankfurt/Oder das Konzept für ein viel beachteten Europagarten entwickelte, der Kritik stellen. Es war das Wort „Kampagne“, das eine kontroverse Diskussion entfachte, und das im weiteren Verlauf der zweistündigen Veranstaltung als verbaler Brennball zwischen dem Projektleiter und den Frauen hin und her flog. Van Dülmen hatte es zunächst wohl unbedacht benutzt, worauf eine ältere Dame ihm gleich ins Wort fiel: „Hören sie bloß auf mit dem Wort! Wir sind seit fünfzig Jahren von einer in die andere Kampagne gestoßen worden“. Als jüngstes Beispiel wurde die Feierlichkeit zu „1000 Jahre Potsdam“ im Jahr 1993 genannt, die bei den anwesenden Potsdamerinnen schlechte Erinnerungen hinterlassen hatte. „Das ist uns auch von außen aufgedrückt worden“, äußerte eine Frau die allgemeine Befürchtung vor Wiederholung, „damals sind viele Potsdamer während der Feier aus der Stadt geflüchtet“. Inwieweit Potsdamer Bürger, Institutionen, Vereine und sozio-kulturelle Einrichtungen an der Kulturhauptstadt-Bewerbung 2010 beteiligt werden, tauchte in den Fragen der Frauen denn auch immer wieder auf. Die Projekt GmbH bestehe nicht aus einem „elitären Kreis“, verteidigte sich der Projektleiter Eigentlich hatte van Dülmen mit dem Begriff „Kampagne“ wohl nur seine Aufgabe umschreiben wollen, dass alle Potsdamer für die Bewerbung als Kulturhauptstadt zu begeistern seien. Aber fortan ließ der Kulturmanager das Wort immer wieder provozierend fallen. Die Frauen hingegen nahmen das zwar amüsiert hin, verbanden aber mit der Aufgabe („Die Bürger müssen mitgenommen werden“) ganz konkrete Vorstellungen: Das von vielen als „dreckig“ empfundene Stadtbild sei keine gute Voraussetzung, hieß es unter anderem. Van Dülmen versuchte zu beschwichtigen: Man beginne ja erst jetzt damit, die Bürger für das gemeinsame Ziel zu sensibilisieren. Enttäuscht zeigte sich der Frauenstammtisch auch darüber, dass der Projektleiter, wegen des laufenden Wettbewerbs, kein inhaltlichen Details verriet. „Wir werden weiterhin ein kritisches Auge auf das Projekt haben“, kündigte Eva Gretsch an. Den Blumenkorb bekam der Gastredner, weil er ab jetzt wohl kaum noch Zeit für die Natur haben werde, sagten die Frauen.

Karsten Sawalski

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