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Kultur: Horror unterm Sternenrund

Edgar Allan Poes „Die Maske des Roten Todes“ und „Der schwarze Kater“ im Planetarium gelesen und von Günther Fischer musikalisch begleitet

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Das kurze Leben des Schriftstellers Edgar Allan Poe Leben war gewiss nur ein Moment im kosmischen Dasein. Doch war es äußerst dramatisch in seinem Verlauf. Mit zwei Jahren ohne Vater und Mutter, von vermögenden Zieh-Eltern aufgenommen, die ihn später fast verhungern lassen. Dann die Heirat mit dem vielleicht niemals berührten, fast vierzehnjährigen Mädchen Virginia. Sie stirbt, eine große gefleckte Katze auf ihrer Brust, vor seinen Augen am „Roten Tod“ der Tuberkulose. Stirbt genauso wie sein Bruder Harry, der wiederum ein Trinker war wie ihr gemeinsamer Schauspieler-Vater, wie Edgar Alan Poe, der Alkohol gar nicht vertrug, weil er ihn aggressiv machte. Am 7. Oktober 1849 starb Poe im Washington College Hospital in Baltimore, nachdem er hilflos und verwahrlost auf der Straße gefunden worden war. Poe war gerade einmal 40 Jahre alt.

Es war eine gute Idee der Potsdamer Urania, „Die Maske des Roten Todes“ und „Der schwarze Kater“ des überzeugten Südstaatlers Edgar Allan Poe am Montagabend in das Rund des Planetariums zu werfen. Aggressiv war auch Poe, wie jene Ich-Figur in „Der schwarze Kater“, welche einem ungeliebten schwarzen Kater ein Auge ausstach, ihn später erhängte, indes ein fast identischer Miezerich den Säufer erst zum Axtmord an seine Frau, dann an den Galgen brachte. Rache, urteilten Kenner wie Günter Kunert über die Motive dieses Schriftstellers. Rache an den Verhältnissen und den Menschen, die sein kurzes Leben beschwerten. Klar, in „Die Maske des Roten Todes“ schickt Poe die ganze feine Gesellschaft des US-Südens exemplarisch ins Jenseits. Und so können die Schauergeschichten von Edgar Allan Poe auch immer als eine Art Gleichnis gelesen werden.

Klaus Büstrin las im imitierten Sternenschein mit langsamer, leicht variierter, nicht zu starker Stimme. Guter Besuch meist älterer Semester, denn für den musikalischen Begleitton hatte man keinen anderen als den Komponisten und Arrangeur Günther Fischer gesucht, einst Hauskomponist für Manfred Krugs ostdeutsche Plattenproduktionen, die aber letztlich auch nur ein Moment im kosmischen Dasein blieben.

„Solo Sunny“ und viele andere Kompositionen bis zum „Kinoerzähler“ mit Armin Mueller-Stahl bezeugen den jazzigen Welt-Ton dieses gebremst-emotionalen Tonsetzers, der die Form genauso liebt wie den befreienden Ausbruch aus ihr. Heute lebt er im irischen Corc. Rainer Oleak begleitete den auf Saxophon und Klarinette so heiter memorierenden Freund am E-Piano. Als Überraschungsgast fungierte die Akkordeonistin Yvonne Grünwald von der Musikhochschule Berlin. Alle Beteiligten benefizten, schließlich will auch dieses Planetarium erhalten sein.

Und wie wirkte das alles im simulierten Sternenrund? Zuerst die Erkenntnis, dass sich das Gruseln selbst in diesen Zeiten noch lohnt. Dazu die Beobachtung eines weitgehenden Nebeneinanders von Text und Musik, aber auch dass Poes literarische Hilferufe nicht unbedingt mit dem Sternenlauf zu tun haben müssen. Veranstaltungen im Planetarium brauchen einen mehr spielerischen Zugang, je nach Thema noch eine Zutat, das Salz in der kosmischen Suppe. Gerold Paul

Gerold Paul

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