Kultur: Hörwohlig
Orgelsommerkonzert mit Eckhard Bürger
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Ein vollkommener Organist, hat Kantor Christoph Gottlieb Schröter aus Nordhausen anno 1768 verlauten lassen, muss nicht weniger als ein tüchtiger Kapellmeister verstehen. Beispielsweise einen polyphonen Satz vortrefflich und klar wiedergeben, so dass man die einzelnen Teile davon deutlich vernehmen kann. Als Schröters Nachfolger im Nordhäuser Amt an der Ev. Hauptkirche St. Blasii sucht Eckhard Bürger bei seinem Orgelsommer-Auftritt in der Friedenskirche solchen Anforderungen zu entsprechen. Sein abwechslungsreiches Programm rahmt er mit Bachs Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552. Auch ihn scheint die Möglichkeit der Woehl-Orgel zu reizen, die Praeludiumspiece farbig zu registrieren und opulent zu spielen. Die sonst gern und oft betriebene klangasketische Sicht mit in den Vordergrund drängenden Prinzipalstimmen ist auch diesmal wieder ausgeblendet. Leider auch die klare Linie.
Hörwohlig lässt sich ebenfalls in den drei Choralbearbeitungen „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ BWV 675-677 aus der „Clavier-Übung 3. Teil“ kuscheln. Schon ihre aufsteigenden Tonarten F-, G- und A-Dur suchen die Botschaft des Chorals zu fassen. Immer höher schrauben sich die Töne: von der einprägsamen Zungenstimme Vox humana bis in den zart getönten Flötendiskant. Für die Melodielinie in der wenig später erklingenden Choralbearbeitung „Christ unser Herr zum Jordan kam“ BWV 684 bevorzugt er passenderweise die Vox humana, ohne dabei in „sonderbahres coloriren“, wie es einst mahnend hieß, zu verfallen. Aufregend ist es nicht, was Eckhard Bürger – und nicht nur hierbei – vernehmen lässt.
Auch Max Regers an Bach orientierte Fantasie und Fuge c-Moll op. 29 kommt über eine solide Wiedergabe nicht hinaus. Er setzt Quader neben Quader, schichtet sie mit quasi chromatischem Kitt zur Monumentalität, lässt das volle Orgelwerk gar mächtig brausen und wirkungsvolle Crescendi über lange Distanzen entstehen. In weitgehend ereignisloser Registrierung schreitet die Fuge im einheitlichen Metrum einher, wenngleich differenzierter in der Artikulation und filigraner im Ausdruck als das Fantasie-Entree.
Die „schräg“ klingende, akkordisch geballte, reich synkopierte „Tanz-Toccata“ des österreichischen Orgelprofessors Anton Heiller (1923-1979) liegt dem Organisten durch ihre Modernität weit besser. Ihre Motorik findet durch eine gleichsam kurz angebundene Phrasierung den ihr gemäßen Ausdruck. An dem darf sich auch das Prélude aus op. 4 von Maurice Duruflé (1902-1986) erfreuen. Bürger registriert ihm im sog. „französischen“, schwellbaren Manual impressionistisch schillernde, gleichermaßen gebrochene wie sinnenglühende Farben, was an Debussy erinnert. Besinnlich und besänftigend geht es dabei zu. Allerdings ist manche tonale Unschärfe darunter. Nach all den Klangmalereien setzt Bachs Es-Dur-Fuge BWV 552 dem Programm einen klaren Schlusspunkt, sodass sich die polyphone Satzstruktur vortrefflich vernehmen lassen konnte.Peter Buske
Peter Buske
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