Kultur: Hosen runter?!
„Ladies Night“ hatte auf dem Theaterschiff Premiere
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Sie können einem schon leid tun: Lebensmüde, feige, hoch verschuldet und zudem noch unattraktiv. Diese Typen – natürlich allesamt arbeitslos – kommen eines Tages auf die grandiose Idee, ausgerechnet als Stripteasetänzer ihr Geld zu verdienen. Den steinigen Weg dahin konnten die Kinozuschauer schon vor einigen Jahren in der britischen Erfolgskomödie „Ganz oder gar nicht“ von Peter Cattaneo miterleben. Jetzt hat Regisseurin Constanze Jungnickel fünf Herren der Stadt-Spiel-Truppe dazu gebracht, nicht nur Tanzunterricht zu nehmen, sondern auch nach und nach die Hüllen fallen zu lassen.
Dass es dabei nicht nur um Hemden oder Hosen geht, war der Inszenierung, die am Freitagabend im vollbesetzten Theaterkahn zur Premiere kam, schon bald anzumerken. Am Anfang hängen Großmaul Berry (Karl-Heinz Konrad), Schwächling Norman (Rüdiger Braun) und Totalverlierer Craig (Frank Lautenschläger) wie jeden Tag in einem tristen Kneipenhinterzimmer rum. Während die sich aber wenigstens noch gewaltige Wortgefechte und ab und an sogar eine Keilerei liefern, hat der apathische Säufer Graham (Bob Schäfer) eigentlich schon mit seinem Erdendasein abgeschlossen.
Doch selbst diese überwiegend holzschnittartigen Charakterzeichnungen – und alle Schauspieler hatten sichtlichen Spaß an der Übertreibung – ließen immer wieder durchscheinen, wie stark sich gerade das starke Geschlecht über Anerkennung im Beruf oder sexuellen Erfolg definiert. Wenn nichts davon zu haben ist, bleibt ziemlich wenig über. Oder: der „wahre“ Charakter kommt zum Vorschein. Wie die Verletzlichkeit und Sensibilität des scheinbar „glatten“ Craig oder die Einfühlsamkeit des schüchternen Norman. Richtig ans Eingemachte geht es, als das Tanzprojekt „Harter Stahl“ erst einmal auf den Weg gebracht und bald darauf nicht mehr zu stoppen ist.
Denn als der überambitionierte „Schauspieler“ Gavin (Norman Jahnke) und der vermeintliche Russe Wesley (Roman Bejeuhr) noch dazustoßen, hat die bunte Truppe plötzlich wirklich ein Ziel. Und während bei ihren ersten zaghaften Stripversuchen noch überwiegend fahle Haut und angegrautes Feingeripptes zum Vorschein kommen und jemand aus dem überwiegend weiblichen Publikum auf den Befehl „Hosen runter“ entsetzt mit „Oh, nee“ reagiert, sieht das nach der Pause ganz anders aus. Denn jetzt hat Graham das Kommando, der plötzlich gar nicht mehr lebensüberdrüssig ist und sich zudem noch als ehemaliger Tanzlehrer outet. Und sogleich eine peppige Choreografie ersinnt, fesche Kapitänsuniformen organisiert und eine fetzige Tonspur zusammenstellt. Jetzt sollte eigentlich nichts mehr schief gehen, könnte man meinen. Doch was kurz vor dem ersten Auftritt noch alles passiert, soll hier nicht verraten werden. Und auch nicht, ob am Ende wirklich alle Hüllen fallen. Fest steht jedoch: Auf dem sehr unterhaltsamen Weg dahin, lernen sich nicht nur die fünf Typen aus vorher ungeahnten Perspektiven kennen, sondern auch Frauen erkennen, was sie „eigentlich“ schon immer wussten. Das ist oft fast Schenkel klopfend witzig und dabei manchmal sogar ziemlich berührend und nicht erst am Ende fiebert frau mit, ob die „harten“ Kerle ihre Show wirklich auf die Bretter kriegen werden. Das doppelte Premierenfieber am Freitagabend heizte die Spannung im Kahn natürlich noch mal so richtig an. Langanhaltender Applaus und Bravorufe für eine gelungene und durchaus mutige Ensembleleistung.
Wieder vom 12. bis 15. März auf dem Theaterschiff.
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